„Russland bis Sommer 2023 vernichten“: Die NATO will mehr als nur einen Sieg auf dem Schlachtfeld Von Dmitri Jewstafjew

In Russland vernichten wollen hat Deutschland ja Erfahrung!    Evelyn Hecht-Galinski

„Russland bis Sommer 2023 vernichten“: Die NATO will mehr als nur einen Sieg auf dem Schlachtfeld

Der US-geführte Westen geht in eine neue Runde der Konfrontation in Russland. Waffenlieferungen, Ausbildungsprogramme für ukrainisches Militär und wirtschaftliche Spekulationen deuten auf ein Ziel: Russland im Sommer 2023 „endgültig zu besiegen“. Doch die Partie spielen zwei Spieler, und so könnten sich bald NATO-Soldaten an der Front wiederfinden.

„Russland bis Sommer 2023 vernichten“: Die NATO will mehr als nur einen

Sieg auf dem Schlachtfeld

Von Dmitri Jewstafjew

Der US-geführte Westen geht in eine neue Runde der Konfrontation in Russland. Waffenlieferungen, Ausbildungsprogramme für ukrainisches Militär und wirtschaftliche Spekulationen deuten auf ein Ziel: Russland im Sommer 2023 „endgültig zu besiegen“. Doch die Partie spielen zwei Spieler, und so könnten sich bald NATO-Soldaten an der Front wiederfinden.
"Russland bis Sommer 2023 vernichten": Die NATO will mehr als nur einen Sieg auf dem SchlachtfeldQuelle: Sputnik © Anton Denisow / RIA Nowosti

 

Die Verabschiedung eines neuen, drei Milliarden Dollar schweren Hilfspakets für die Ukraine durch die USA fiel mit der Wahl des neuen Sprechers des US-Repräsentantenhauses zusammen. Aus politischer Sicht scheint dies ein Affront gegenüber den Republikanern zu sein, die versuchen, den Fluss der militärischen Versorgung an das Kiewer Regime unter Kontrolle zu bringen, allerdings nicht nur den Charakter der in diesem Paket enthaltenen Waffen betreffend.

Die USA beginnen damit, zunehmend modernes Gerät zu liefern, darunter die selbstfahrende 155-mm-Haubitze Paladin, die neueste Modifikation der M109. Emmanuel Macron schickt gepanzerte Radfahrzeuge in die Ukraine, die zwar veraltet, doch genug Wirkung auf diesem Kriegsschauplatz haben. Auch Deutschland wird nach langem Zögern mit der Lieferung von Schützenpanzern an das Kiewer Regime beginnen. Erwartet wird ebenfalls der Beschluss über die Leopard-Panzer. Und während der Marder-Schützenpanzer noch als veraltet angesehen werden kann, erfolgt die Lieferung von Leopard-Panzern natürlich unter Berücksichtigung der unvermeidlichen Verschlechterung der eigenen Verteidigungsfähigkeiten.

Der Westen hat die strategische Entscheidung getroffen, einen neuen Zyklus der Konfrontation mit Russland einzuleiten. Diesen sieht er als Chance, die Phase des „Positionskriegs“ entscheidend zu durchbrechen, der zu einer Sackgasse für den Westen wird, denn er verbraucht Ressourcen, bietet aber keine Aussicht mehr auf einen Sieg über Russland – weder auf dem Schlachtfeld, wie in den Träumereien von Josep Borrell, noch im Hinterland. Die Vereinigten Staaten verlieren allmählich die wichtigste Ressource der Epoche der globalen Transformation – nämlich die Zeit, und die schleichende Verwicklung in einen Konflikt ohne Aussicht auf einen militärischen Erfolg ist nicht nur mit ständigen politischen Korruptionsskandalen, sondern auch mit einer vollwertigen politischen Krise verbunden.

Am Rande sei bemerkt, dass die Entscheidung über das neue Paket auf rein individueller, nationaler Basis und außerhalb der Mechanismen der „Atlantischen Sicherheit“ erfolgte. Der Dialog und der Konsens mit den immer kritischeren „Partnern“ sind nicht mehr nötig – man kann sich nur noch auf die „Richtigen“ verlassen.

Höchstwahrscheinlich ist dies die Hauptantwort auf alle Friedensbemühungen, die in den letzten Monaten von vielen Politikern, von Erdoğan bis Guterres, unternommen wurden.

Der Westen setzt erneut nicht nur auf einen Sieg des Kiewer Regimes auf dem Schlachtfeld, sondern auch auf eine strategische Niederlage Russlands, die ihre Staatlichkeit infrage stellen soll, und zeigt damit, dass er bereit ist, einen höheren Preis als bisher zu zahlen.

Der Westen macht kein Geheimnis daraus, dass die Militärgüter geliefert werden, um eine neue Offensive der ukrainischen Streitkräfte zu organisieren. Er räumt aber bezeichnenderweise ein, dass es acht Wochen bis mehrere Monate dauern wird, um den Einsatz des neu gelieferten Materials und die Ausbildung des Personals vorzubereiten, ganz zu schweigen von der Einrichtung einer Versorgungsbasis in der Ukraine (zurzeit wird ein erheblicher Teil des aus irgendeinem Grund ausgefallenen Maschinen nach Polen, der Slowakei und Rumänien zur Reparatur gebracht), und dieses System sollte im Frühsommer voll einsatzfähig sein.

Grundsätzlich passt das zu den Plänen, die in den Medien durchgesickert sind, Russland müsse im Sommer 2023 endgültig „vernichtend geschlagen“ werden. Allerdings brauchen die NATO und Kiew weitaus früher einen deutlichen militärischen Sieg, spätestens im Februar, da das „Kanonenfutter“, mit dem die Ukraine die Löcher in der Donbass-Front derzeit stopft, kaum  länger durchhalten werden.

Folglich werden „Freiwillige“ aus den NATO-Ländern zu den Operateuren des neuen Geräts, zu den Mechanikern usw. Logischerweise wird auch die Anzahl der „Freiwilligen“ in den Kampfeinheiten, in denen die neuen Waffen konzentriert werden, entsendet werden müssen.

Dadurch ergibt sich mittelfristig ein grundlegend anderes Bild des Geschehens: Die neuen Waffenlieferungen sind nicht einfach nur ein weiteres „Paket“ veralteter Militärgüter, die der Ukraine zur Entsorgung übergeben werden.

Hier geht es um eine Abänderung der strategischen Logik des Verhaltens in dem Konflikt. Das Hauptziel ist die Bildung einer Struktur, die scheinbar im Rahmen der ukrainischen Streitkräfte (AFU) angesiedelt ist, in Wirklichkeit aber eine Parallelstruktur darstellt, die vollständig auf die NATO-Kaliber abgestimmt ist (dafür beispielhaft ist die forcierte Umstellung der leichten Artillerie der AFU auf das Kaliber 105 mm, das es in der Armee der UdSSR nie gab).

Dazu gehören auch die Prinzipien der Stabs- und der Kampfführung (die vermutlich kurz vor Vollendung steht), der Instandhaltung, wobei in diesem Stadium bereits mit einer Verstärkung ausländischer Techniker und Stablinienorganisation, sowie Söldnern in den Einheiten der Streitkräfte gearbeitet wird.

Im Ergebnis bildet sich allmählich eine hybride Struktur heraus, die mit neuer Technik, Menschen und Fahrzeugen der NATO versorgt werden kann, ohne weitere ernsthafte organisatorische Schwierigkeiten zu haben, einschließlich des Übergangs zum polnisch-englischen „Dialekt“ der militärischen Kommandos. In wenigen Monaten dieser „qualitativen Rotation“ – gerade bis Mitte des Frühlings – werden wir eine NATO-Armee unter ukrainischen Bannern haben, jedoch ohne politische Verpflichtungen der NATO im Zusammenhang mit dem berüchtigten vierten und fünften Artikel der Charta. Und diese Armee wird wahrhaftig in der Lage sein, nicht nur bis zum letzten Ukrainer, sondern auch bis zum letzten Polen und Rumänen zu kämpfen, während die „Bürde“ für die USA, Frankreich und Deutschland in diesem Konflikt geringfügig zunehmen wird.

Die Frage ist lediglich, inwieweit die USA und ihre Vasallen im gegenwärtigen Szenario die Spannungen um die Ukraine weiter anheizen werden, ob sie das Konfliktgebiet bis zum Dnjestr ausdehnen werden, wie die militärischen Vorbereitungen in Rumänien und Bulgarien zeigen, oder ob sie angesichts der strategischen Sackgasse in der Ukraine beschließen werden, eine neue Front zu eröffnen.

Dies wiederum würde von den Vereinigten Staaten einen Übergang zur nächsten Phase des Ressourceneinsatzes im Kampf gegen Russland erfordern, hätte aber auch neue Möglichkeiten der Konsolidierung der Eliten zur Folge. Auch dieses Szenario sollte nicht ausgeschlossen werden; man muss sich nur überlegen, wo und wann: Washington ist erfahren in der Organisation von Provokationen, um ungünstige politische Trends zu brechen.

Allein der Verweis auf den Tonkin-Zwischenfall im Jahr 1964, der Washington eine rechtliche Grundlage für eine direkte Invasion in Vietnam lieferte, reicht hierbei aus.

Übersetzt aus dem Russischen.

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