Wagner ein ewig deutsches Ärgernis Rezension von Bernd Weikl

 

Moshe Zuckermann – Wagner, ein ewig deutsches Ärgernis – Ein Buch vom Westend Verlag

Richard Wagner wurde in Deutschland ganz unterschiedlich rezipiert: Es gab die historisch-politische Person, den genialen Tondramen-Schöpfer und Wagner, den erbitterten Antisemiten. In seinem neuen Buch zeichnet Moshe Zuckermann die Gestalt Wagners als das deutsche Ärgernis nach: seine Wandlung vom linken Revolutionär zum angepassten Königstreuen.

 

Moshe Zuckermann hat mit seinem Buch über Richard Wagner, „Ein ewig deutsches Ärgernis“, tatsächlich ein deutsches Ärgernis beschrieben, dass allerdings nicht an Wagner liegt, sondern an den Leuten die sich mit Wagner befassen  und ihn instrumentalisieren . Ja, es ist ein Ärgernis, wenn in Wagner Inszenierungen ständig mit Hackenkreuzen und Naziemblemen, sowie Anspielungen auf seinen vermeintlichen Antisemitismus gearbeitet, wird. Moshe Zuckermann gelingt es die Verlogenheit der israelischen rassistischen Gesellschaft zu entlarven. Während Richard Wagner zur Un-person erklärt und boykottiert wird im öffentlichen Musikprozess, pflegte man längst beste Beziehungen zum deutschen Staat und verachtete auch deutsches Kapital nicht. Boykott in Israel darf immer nur selbst vom Staat angeordnet und  ausgesprochen werden, während Boykott gegen Israel ein Tabu bleibt, obwohl gerade in Israel sich die Rolle des Opfers zum Täter gewandelt hat. Weder über Wagner will man diskutieren, noch über die Völkerrechtsverbrechen und illegale Besatzung Palästinas.

Kann man heutzutage eigentlich noch voller Genuss in Opern-Regietheater gehen, ohne sich maßlos zu ärgern? Ich nicht, außer in wenigen Aufführungen. Was für Ärgernisse, wenn dem Zuschauer nur noch die Phantasie des Regisseurs aufgezwungen werden soll, ohne jeden Bezug auf Zeit und Sinn. Da bin ich ganz altmodisch, ich möchte Oper so sehen, wie sie geschrieben wurde und meiner Phantasie freien Lauf lassen. Am schlimmsten wird es, wenn Regisseure noch meinen, besser zu wissen, was die Komponisten eigentlich beabsichtigten beim Schreiben. Alles hat seine Grenzen. Da hätte ich einen anderen Vorschlag, wie wäre es, wenn demnächst einmal Verdis Nabucco den Gefangenenchor im Freiluftgefängnis Gaza spielen ließe, anstatt Wagner in Nürnberg

Ich hätte mir sehr gewünscht, dass Moshe Zuckermann, auch diese Thematik in diesem Wagner Buch gestreift hätte. Die man, meiner Meinung nach auch im Zusammenhang mit Wagner Angriffen nicht außer Acht lassen darf. Allerdings freut es mich sehr, dass Moshe Zuckermann, ebenso wie ich ein großer Opernliebhaber ist.

Eine besondere Freude ist es für mich, dass einer der Wagner Kenner, der Kammersänger Bernd Weikl sofort bereit war eine Rezension über dieses Buch zu schreiben. Ich danke ihm von ganzen Herzen dafür. Zumal ich weiß, dass Moshe Zuckermann ein Fan von Bernd Weikl als Wagner Interpret ist. Was also für ein DUO.

Evelyn Hecht-Galinski

 

Rezension von Bernd Weikl

Wagner, ein ewig deutsches Ärgernis.

Und jedes Jahr immer noch mehr. Der Autor, Moshe Zuckermann hat Recht.

Zunächst geht es allerdings auf 1938 zurück, nämlich auf die mörderische “Kristallnacht” im Nazideutschland, als ein Mitglied des damaligen Palestina Symphonieorchesters den Dirigenten Arturo Toscanini aufforderte, die Ouvertüre Von Richard Wagners “Meistersinger von Nürnberg” vom Programm zu streichen. Für den erklärten Hitlergegner Toscanini gab es zwar keine Verbindung zwischen Wagners Musik und dem Nationalsozialismus, trotzdem entsprach er der Bitte des Orchesters. Auf der anderen Seite dirigierte er während des zweiten Weltkrieges viele Wagnerkonzerte in den USA. Und nicht zu vergessen: 1936 gab Toscanini den Bayreuther Festspielen eine Absage und dirigierte aus Protest gegen die Nazis die “Meistersinger von Nürnberg” bei den Salzburger Festspielen. Und 1898 eröffnete Toscanini die Mailänder Scala mit den Meistersingern.

 

Der Begründer des Zionismus’, Theodor Herzl – schildert Alex Ross – habe sich in seiner Erinnerung beim Schreiben seines berühmten Buches wörtlich wie folgt geäußert: “Meine einzige Erholung war die Musik von Richard Wagner, die ich am Abend genoss, besonders beim “Tannhäuser”, einer Oper, die ich so oft als möglich hörte.” Immerhin verfasste Herzl damals sein Buch: “The Jewish State”.

THE NEW YORKER, the case for Wagner in Israel, culture desk, Alex Ross, 25.09.2012

 

Ab Sommer 1972 und bis 1996 war ich Solist bei den Bayreuther Festspielen und las die regelmäßigen Berichte über den Antisemitismus von Wagner in der Presse – sowohl vor Premieren, als auch anschließend. Nach meiner Zeit auf dem „Grünen Hügel“ wurden dort wieder Hakenkreuze modern. 2005 inszenierte ich Wagners Meistersinger an der japanischen Nationaloper und wurde nach der Premiere mit Buhs bedacht. Ich hatte keine Hakenkreuze auf die Bühne gestellt.

 

Zu erinnern ist hier auch an den wohl absoluten Präzedenzfall bezüglich künstlerischer Freiheit: „Tannhäuser“ von Richard Wagner an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf am 04. Mai 2013: Die Premiere von Wagners „Tannhäuser“ wurde zum Skandal um eine Nazi-Oper. Es wird von widerlichen Szenen berichtet, die das Publikum schockierten. Nackte Darsteller in gläsernen Würfeln wurden dort „vergast“. In der ersten Szene, dem sogenannten Venusberg, wurde eine jüdische Familie, unter ihnen Tannhäuser, von Nazis ermordet. Dabei floss viel Blut, überall waren Hakenkreuze und SS-Uniformen präsent. Der Regisseur Burkhard Kosminski sagt, er wolle so den Antisemitismus von Richard Wagner thematisieren. Wolfgang Höbels „SPIEGEL“-Kommentar: „Seit Jahrzehnten haben sich Opernregisseure mit dem Rassenwahn des Komponisten und dem Wagnerkult Adolf Hitlers beschäftigt – und dies stets ganz zu Recht.“

 

  1. November 2014: Die Antwort der Staatsanwaltschaft Düsseldorf auf meine Anzeige: „Die in Betracht kommenden Straftatbestände sind im Lichte dieses Verfassungsrechts zu betrachten und unterliegen der Schranke der Sozialadäquanz, die in § 86, Abs. 3 StGB ausdrücklich geregelt und über die Verweisungen in §§ 86a, Abs. 3, 130, Abs. 6 und 130a, Abs. 3 SIGB anwendbar ist.

Danach ist der jeweilige Straftatbestand ausgeschlossen, wenn die Tat der Kunst, der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient. So liegt es hier.

Bei der Oper handelt es sich um eine klassische Form von Kunst, die dem Schutzbereich des Art. 5, Abs. 3 GG nach sämtlichen vertretenen Kunstbegriffen unterliegt. Der Regisseur – und der mit ihm verantwortliche Intendant – darf auch zu schockierenden und drastischen Mitteln greifen, ohne sich strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt zu sehen. Kunst ist einer staatlichen Stil- oder Niveaukontrolle nicht zugänglich; die Anstößigkeit einer Darstellung nimmt ihr nicht die Eigenschaft als Kunstwerk (zu vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 1990, 1 BvR 266/86, 1 BvR 913187, zitiert nach juris). Die Einleitung von Ermittlungen kommt deshalb nicht in Betracht.

Hochachtungsvoll, Staatsanwältin B.

Man darf, muss also Juden auf der Bühne vergasen. Und dies mit gewohnter deutscher Gründlichkeit.

 

Wäre Wagners Antisemitismus noch zu steigern? Unbedingt: „Manchmal braucht es den Blick von außen“. Der Regisseur Selcuk Cara will auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände diese „Meistersinger“ inszenieren.

Augsburger Allgemeine

Wie die „Meistersinger“ zur Nazi-Musteroper wurden18.07.2018

 

Nirgendwo sonst waren Musiktheater und NS-Ideologie derart eng aufeinander bezogen wie in Nürnberg. Eine sehenswerte Ausstellung arbeitet das Thema auf.

Wie die „Meistersinger“ zur Nazi-Musteroper wurden Von Stefan Dosch

Sie hat den Ruf weg, „die deutscheste aller Opern“ zu sein: Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“. Dafür gibt es durchaus handfeste Gründe. Berühmt und auch berüchtigt sind die programmatischen Schlussworte des Hans Sachs, der Hauptfigur der Oper: „Zerging in Dunst das heil’ge röm’sche Reich, uns bliebe gleich die heil’ge deutsche Kunst!“

Kein Wunder also, dass diese Oper den Nationalsozialisten ein Anliegen war. Hitler war dem Meister von Bayreuth sowieso in schwärmerischer Verehrung zugetan, und dann spielt die Handlung der Oper auch noch dort, wo die Partei alljährlich sich selbst inszenierte: in der Stadt der Reichsparteitage. Anlass für das heutige Staatstheater Nürnberg, in Kooperation mit dem Bayreuther Forschungsinstitut für Musiktheater dem Beziehungsgeflecht nachzugehen, das zwischen den Nazis, dem damaligen Nürnberg und den „Meistersingern“ verlief. Die Ergebnisse wurden gebündelt in der materialreichen Ausstellung „Hitler.Macht.Oper“, die jetzt an historisch adäquatem Ort gezeigt wird: im Dokumentationszentrum des Nürnberger Reichsparteitagsgeländes.

 

Viel wurde (und wird) in der Wagner-Literatur darüber gestritten, inwieweit die „Meistersinger“ antisemitische Klischees bedienen, insbesondere durch die Figur des „Merkers“ und Sachs-Gegenspielers Sixtus Beckmesser. Die Ausstellungsmacher konstatieren jedoch trocken, dass man antisemitische Stereotype in Nürnbergs Meistersinger-Aufführungen zwischen 1933 und ’45 vergebens suche. Das Opernhaus lag wohl auf Linie, doch war man dort nicht fanatisch. Allerdings, jenseits der Bühne waren die „Meistersinger“ sehr wohl mit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verbunden. Im Sommer 1938, als die Hauptsynagoge in der Nürnberger Altstadt abgerissen wurde, gab Gauleiter Julius Streicher den Befehl dazu mit den Worten „Fanget an!“ – eine in den „Meistersingern“ vielfach verwendete Phrase.

 

Moshe Zuckermann hat Recht. Ich wiederhole es: „Wagner ist und bleibt ein ewig deutsches Ärgernis, das Jahr um Jahr größer wird“.

 

Da die Rechtsradikalen in Deutschland vergleichsweise zu Wagners anwachsendem Antisemitismus auch immer mehr werden; und durch die Medien erfahren, dass es Kunst ist, wenn man Juden auf der Bühne vergast, werden sich Neonazis Räume in Wirthäusern usw. als Bühnen einrichten, bei Musik von Wagner Nazifahnen schwenken und Hakenkreuze aufstellen. Das ist Kunst, schrieb die Düsseldorfer Staatsanwältin, und Ermittlungen dagegen kommen nicht in Betracht.

 

Der dreifache Kammersänger Bernd Weikl, schuldbewusst

163 mal als Hans Sachs in den antisemitischen Meistersingern

Moshe Zuckermann – Wagner, ein ewig deutsches Ärgernis – Ein Buch vom Westend Verlag

Richard Wagner wurde in Deutschland ganz unterschiedlich rezipiert: Es gab die historisch-politische Person, den genialen Tondramen-Schöpfer und Wagner, den erbitterten Antisemiten. In seinem neuen Buch zeichnet Moshe Zuckermann die Gestalt Wagners als das deutsche Ärgernis nach: seine Wandlung vom linken Revolutionär zum angepassten Königstreuen.

Über das Buch

Wagners Wandlung vom Revolutionär zum angepassten Antisemiten.

Richard Wagner wurde in Deutschland ganz unterschiedlich rezipiert: Es gab die historisch-politische Person, den genialen Tondramen-Schöpfer und Wagner, den erbitterten Antisemiten. In seinem neuen Buch zeichnet Moshe Zuckermann die Gestalt Wagners als das deutsche Ärgernis nach: seine Wandlung vom linken Revolutionär zum angepassten Königstreuen. Er untersucht die geistesgeschichtliche Zuordnung seines Denkens und den latenten Antisemitismus in Wagners Opern. Die entscheidende Frage lautet: Welche Relevanz hatte und hat diese Wandlung für die heutige Wagner-Rezeption?

Literatur – Doch nur Künstler

Moshe Zuckermann ist Lesern vor allem bekannt als historisch-politischer und psychoanalytischer Interpret des deutsch-israelischen Verhältnisses. Mit seinem gut lesbaren Band Wagner. Ein ewig deutsches Ärgernis offenbart er sich ihnen nun auch als Kunstkritiker mit Tiefgang. Es geht Zuckermann in diesem Komponistenbuch allerdings nicht um ein Plädoyer für oder gegen Richard Wagner.

Moshe Zuckermann

Zwischen Ressentiments und

Realitätsverweigerung

Ein Ungeist geht um in Deutschland – in der Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus werden wahllos und ungebrochen Begriffe durcheinandergeworfen, Menschen perfide verleumdet und verfolgt, Juden von Nicht-Juden des Antisemitismus bezichtigt. Die Debattenkultur in Deutschland ist vergiftet und die Realität völlig aus dem Blickfeld des Diskurses geraten. Deutsche solidarisieren sich mit einem Israel, das seit mindestens fünfzig Jahren Palästinenser knechtet, und wer das kritisiert, wird schnell zum Antisemiten. Moshe Zuckermann nimmt in seinem Buch „Der allgegenwärtige Antisemit“ den aktuellen Diskurs schonungslos in den Blick und spricht sich für eine ehrliche Auseinandersetzung mit der deutsch-israelischen Geschichte aus.

Israel

Wie soll man im Jahre 2018 über Israel schreiben? Keine leicht zu beantwortende Frage. Das »Sollen« scheint zunehmend eine Frage des Standpunkts zu sein. Und der Standpunkt ist schon längst nicht mehr die legitime Positionierung im Rahmen eines heterogenen Diskurses. Gewisse Standpunkte werden nur noch grob überrannt, niedergeschmäht und mit perfiden Mitteln dermaßen schmählich delegitimiert, dass man von einem wahren medialen Terror reden darf, von ideologisch zubereiteten Ausschlussmechanismen, die inzwischen bei der leisesten Regung von etwas nicht Akzeptiertem so ins Werk gesetzt werden, dass alle Maßstäbe einer rational geführten Debatte ins Wanken geraten und die kritische Debatte zur Kloakenrhetorik verkommt.

Die Rede ist hier von der Kritik an Israels Politik und deren Auswirkung auf die israelische Gesellschaft. Die Rede ist hier vom Zionismus als Staatsideologie Israels. Die Rede ist hier auch von Antisemitismus beziehungsweise der Verwendung der Kategorie des Antisemitismus und ihrer ideologisch prästabilisierten Instrumentalisierung im Rahmen des Diskurses um Israels Politik. Es ist in den letzten Jahren zum Konsens geronnen, Kritik an Israel als antizionistisch oder auch – rigoroser und unerbittlicher – gleich als antisemitisch zu apostrophieren. Man sprach früher in Deutschland von einem »Todschlagargument« und von der »Auschwitzkeule«. Das sind heute aber schon obsolete Begriffe, denn sie hatten, wie immer ideologisch bereits durchwirkt, das Argument noch zur Voraussetzung, mithin die Vorstellung von einer – sei’s noch so lippenbekenntnishaft proklamierten – diskursiven Erörterung. Das Faktische wird aber heute nur noch in Abrede gestellt; das falsche Bewusstsein zur Wahrheit erhoben; der schiere Versuch, etwas von der Analyse des real Unabweisbaren zu retten, der ideologisch verformten »Meinung« überantwortet.

Wie also im Jahre 2018 über Israel schreiben, wenn davon ausgegangen werden muss, dass Wahrhaftigkeit und Integrität nur noch ein böses Gefauche und ingrimmige Aggression zu zeitigen vermögen? Wie dem, was es gegen diese unzulängliche Reaktion anzuführen gilt, das Wort reden, ohne selbst in die Falle unzulänglicher Polemik zu verfallen? Es scheint, dass nichts an der traditionellen Methode der Argumentation, der faktischen Erörterung und der Analyse vorbeiführt, wenn man dem Ernst dessen, worum es hier geht, Gerechtigkeit widerfahren lassen möchte. Dass man es dabei mit maßloser Perfidie und ideologischer Borniertheit zu tun hat, darf einen nicht davon abhalten, um der Wahrhaftigkeit dessen, was auf dem Spiel steht, mit historischen, soziologischen und psychologischen Instrumentarien zu operieren. Dass dies nur bedingt auf Gehör stoßen dürfte, ist Teil dessen, was es zu erörtern gilt – bedauerlich, aber um der Wahrheit willen hinnehmbar.

Wer sind die Adressaten dieser einleitenden Worte und des ihnen folgenden Kapitels? Im Prinzip sowohl die Protagonisten des israelischen Diskurses als auch die des deutschen. Da es hier aber zunächst um Israel geht, mögen die israelischen Adressaten mit der Erörterung dessen bedient werden, was sie (vielleicht) schon wissen, aber konsequent zu verdrängen beziehungsweise in ein falsches Bewusstsein umzumodeln pflegen. Die deutschen Adressaten, die in den nachfolgenden Kapiteln direkt angesprochen werden, mögen sich hier über Grundlegendes informieren. Viele, allzu viele von ihnen haben es bitter nötig.

Ein einheitliches Narrativ gibt es für Israel nicht. Denn es kommt von vornherein nicht nur darauf an, wer der Sprecher des Narrativs ist (jüdischer Israeli, Palästinenser, orthodoxer Jude, säkularer Zionist oder nationalreligiöser Siedleranhänger, um nur einige der möglichen Kategorien aufzuzählen); es kommt auch darauf an, an welchem historischen Datum man das Narrativ ansetzt. Schon der geschichtliche Ausgangspunkt färbt die Struktur des Narrativs unweigerlich ein.

2018 – Die dystopische Gegenwart

Geht man nämlich von 2018 aus, ergibt sich ein dystopisches Bild, in welches all die dargelegten Narrative eingegangen sind, die als Amalgam jene gravierende historische Krise, in welche Israel geraten ist, erst eigentlich deutlich machen. Zu fragen gilt es vor allem, ob Israel als staatliche Manifestation der zionistischen Idee den Vorstellungen und Ansprüchen des ursprünglichen Ideals, wie es vom Zionismus propagiert worden war, gerecht geworden ist. Die Antwort lautet eindeutig: Nein. Denn insofern der Zionismus als Reaktion auf den (europäischen) Antisemitismus den Juden Frieden und Sicherheit in ihrer nationalen Heimstätte versprach, so kann nach über hundertjährigem Bestehen der zionistischen Bewegung von wahrhaftem Frieden nicht die Rede sein, und die Sicherheit ist zwar zum großen Fetisch des israelischen Selbstverständnisses geronnen, aber es muss eingestanden werden, dass nirgends auf der Welt der Jude als Individuum so gefährdet ist wie gerade in Israel, und auch im Hinblick auf das jüdische Kollektiv ist mitnichten ausgemacht, dass die nächste Katastrophe des jüdischen Volkes sich nicht gerade in Israel ereignen wird, wenn Israels Politik weiterhin den unheilvollen Weg beschreiten wird, den es seit nunmehr vielen Jahrzehnten, besonders seit 1967, begeht.

Rezension: Wagner, ein ewig deutsches Ärgernis. Von Moshe Zuckermann

Wagner? Oh Gott, mag da ausgerufen werden. Ist nicht über Richard Wagner schon genug Papier beschrieben worden? Mag sein. Doch eines ist ebenso klar: An der Person Richard Wagner ist eben nicht so leicht vorbeizukommen. Um ehrlich zu sein: Überhaupt nicht. Erst recht am Komponisten Richard Wagner.

Richard Wagner – ein deutsches Ärgernis? Moshe Zuckermanns neues Buch

„Richard Wagner war kein geistiger Wegbereiter des deutschen Nationalsozialismus“, behauptet Moshe Zuckermann. Der Historiker leitete bis 2018 das Institut für deutsche Geschichte an der Universität Tel Aviv und veröffentlicht am 6. Juli 2020 sein Buch „Wagner, ein ewig deutsches Ärgernis“.

Moshe Zuckermann. Wagner. Ein ewiges deutsches Ärgernis | dieterdavidscholz.de

„Selbst ernsthafte Wissenschaftler verlieren bei Wagner mehr als einmal ihren Verstand und beginnen zu schwadronieren.“ Recht hat Dieter Borchmeyer. Wagner ist janusköpfig und ein komplizierter Fall. Umso wichtiger ist es, sich ihm sachlich und mit gebotener historischer Differenziertheit anzunähern. In jedem Fall gilt, was der israelische Historiker Jakob Katz (in seinem vorzüglichen, aber wenig bekannten Buch „Richard Wagner.

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