Wie wichtige Staaten sich der US-Politik widersetzen von Thomas Röper

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Geopolitik

Wie wichtige Staaten sich der US-Politik widersetzen

von Thomas Röper

1. Mai 2023

Dokumente aus dem Pentagon- oder Discord-Leak zeigen im Detail, wie die USA daran scheitern, Länder außerhalb des kollektiven Westens auf ihre Seite zu ziehen.

Bei den Dokumenten des Pentagon- oder Discord-Leaks ist Vorsicht geboten, denn es gibt reichlich Hinweise darauf, dass die Pentagon-Leaks kein ungewollter Leak eines jungen Soldaten, sondern eine gezielte Desinformationskampagne der US-Geheimdienste gewesen sein können. Je mehr Details über die angeblich geleakten Geheiminformationen bekannt werden, desto mehr wird klar, dass vieles davon schon vorher bekannt war und dass die Leaks nur Details hinzugefügt haben, dass manches bewusst eingestreut sein könnte (etwa das Ausspionieren der südkoreanischen Regierung), um die Glaubwürdigkeit der Informationen zu erhöhen, ohne den USA dabei ernsthaft zu schaden. Wirklichen Schaden haben die Dokumente für die USA nicht angerichtet, was für diese These spricht.

Wie gesagt waren die meisten Informationen aus dem Leak schon vorher bekannt, weshalb man selbst im Falle eines „gewollten“ Leaks zum Zwecke der Desinformation davon ausgehen kann, dass gewisse Dokumente echt sind, um die Glaubwürdigkeit der geleakten Informationen zu verstärken. Das ist Spekulation, aber ich wollte trotzdem einleitend daran erinnern.

Die Washington Post hat auf Basis der Dokumente einen interessanten Artikel über die Probleme der USA auf der internationalen Bühne verfasst, den man im Prinzip auch ohne die geleakten Dokumente hätte schreiben können, da diese Probleme der USA bekannt sind. Nur 35 der 192 Staaten der Welt haben sich den US- und EU-Sanktionen gegen Russland angeschlossen, was bedeutet, dass sich sogar Staaten, die sich zum von den USA dominierten Westen zählen, dem Druck der USA verweigern, Russland sanktionieren. Ein Beispiel dafür ist Südkorea.

Trotz des enormen Drucks aus Washington hat sich kein Land, das nicht zum kollektiven Westen gehört, den Sanktionen angeschlossen. Die Staaten Afrikas, Südamerikas, die arabischen Staaten und (bis auf Japan) die Staaten Asiens machen mit Russland weiterhin „Business as usal“. Viele Staaten des „globalen Südens“ schauen sogar mit großer Sympathie darauf, wie Russland die weltweite Dominanz des Westens brechen will.

Die Washington Post hat das am Beispiel der wohl wichtigsten neutralen Länder der Welt aufgezeigt, womit die Washington Post das bestätigt, was ich schon oft geschrieben habe. Ich habe den Artikel der Washington Post komplett übersetzt, weil er viele interessante Details enthält.

Beginn der Übersetzung:

Leaks zeigen, dass wichtige Nationen die Auseinandersetzung der USA mit Russland und China aussitzen

DISCORD LEAKS: Dokumente veranschaulichen, wie die Versuche der Schwellenländer, sich vor dem Kräftemessen der Großmächte wegzuducken, Bidens globale Agenda gefährden

Die globale Agenda von Präsident Biden steht vor großen Herausforderungen, da wichtige Schwellenländer versuchen, dem sich verschärfenden Konflikt zwischen den USA, Russland und China auszuweichen und diese Rivalität in einigen Fällen zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen, wie aus amerikanischen Geheimdienstinformationen hervorgeht.

Die Dokumente, die zu der Fülle von US-Geheimnissen gehören, die über die Nachrichtenplattform Discord ins Internet gelangt sind, bieten einen seltenen Einblick in die privaten Berechnungen wichtiger aufstrebender Mächte, darunter Indien, Brasilien, Pakistan und Ägypten, die versuchen, in einer Zeit, in der Amerika nicht mehr die unangefochtene Supermacht der Welt ist, einen Spagat schaffen.

Die durchgesickerten Geheimdiensterkenntnisse, die bisher nicht veröffentlicht wurden, bieten auch neue Einblicke in die Hindernisse, denen sich Biden gegenübersieht, wenn er sich die globale Unterstützung für seine Bemühungen sichern will, die Ausbreitung des Autoritarismus zurückzuweisen, Russlands Kriegslust jenseits seiner Grenzen einzudämmen und Chinas wachsende globale Reichweite zu bekämpfen – während einflussreiche Regionalmächte versuchen, am Rande zu bleiben.

Das Weiße Haus reagierte nicht auf eine Anfrage zur Stellungnahme. Das Verteidigungsministerium, wo viele der Dokumente vor ihrer Veröffentlichung im Internet an hochrangige Führungskräfte weitergeleitet wurden, lehnte eine Stellungnahme ab.

Matias Spektor, Wissenschaftler beim Carnegie Endowment for International Peace, sagte, die Entwicklungsländer würden sich zu einem Zeitpunkt neu orientieren, an dem Amerika mit einer starken neuen Konkurrenz konfrontiert sei, da China neues wirtschaftliches und militärisches Gewicht zeige und Russland, obwohl es durch den Krieg von Präsident Wladimir Putin in der Ukraine geschwächt sei, seine Fähigkeit demonstriere, westlichen Druck abzuwehren.

„Es ist unklar, wer in 10 Jahren in der Pole-Position sein wird, also müssen sie ihr Risiko diversifizieren und ihre Wetten absichern“, so Spektor.

Dies zeigt sich in Pakistan, das nach dem 11. September 2001 Milliarden von Dollar US-amerikanischer Wirtschafts- und Sicherheitshilfe erhalten hat, nun aber in hohem Maße von chinesischen Investitionen und Krediten abhängig ist. Einem der durchgesickerten Dokumente zufolge argumentierte die pakistanische frühere Außenministerin Hina Rabbani Khar im März, ihr Land könne „nicht länger versuchen, einen Mittelweg zwischen China und den USA zu finden“.

In einem internen Memo mit dem Titel „Pakistans schwierige Entscheidungen“ warnte Khar, die zuvor als pakistanische Außenministerin tätig war, dass Islamabad den Anschein vermeiden sollte, den Westen zu beschwichtigen, und sagte, dass der Instinkt, Pakistans Partnerschaft mit den USA aufrechtzuerhalten, letztlich den vollen Nutzen der ihrer Meinung nach „echten strategischen“ Partnerschaft des Landes mit China opfern würde. Aus dem undatierten Geheimdienstdokument geht nicht hervor, wie die USA Zugang zu Khars Memo erhielten.

Ein weiteres Dokument vom 17. Februar beschreibt die Beratungen des pakistanischen Premierministers Shehbaz Sharif mit einem Untergebenen über eine bevorstehende UN-Abstimmung über den Ukraine-Konflikt und den von der Regierung erwarteten erneuten Druck des Westens, eine Resolution zur Verurteilung der russischen Invasion zu unterstützen.

Der Berater riet Sharif, dass eine Unterstützung der Maßnahme eine Änderung der pakistanischen Position signalisieren würde, nachdem Pakistan sich bei einer ähnlichen Resolution zuvor der Stimme enthalten hatte, heißt es in dem Geheimdienstdokument. Pakistan sei in der Lage, Handels- und Energieabkommen mit Russland auszuhandeln, und die Unterstützung der vom Westen unterstützten Resolution könnte diese Beziehungen gefährden, so der Berater.

Als die UN-Generalversammlung am 23. Februar abstimmte, war Pakistan unter den 32 Ländern, die sich der Stimme enthielten.

Pakistanische Beamte und die Vertreter anderer Länder, die in den durchgesickerten Dokumenten genannt werden, lehnten eine Stellungnahme ab.

Während sich die wichtigsten Verbündeten der USA in Europa und Ostasien zusammengeschlossen haben, um Bidens Ukraine-Kampagne zu unterstützen, indem sie ein immer größeres Waffenarsenal bereitstellen und sich von der russischen Energieversorgung abkoppeln, ist Washington anderswo auf Widerstand gestoßen.

Die Biden-Regierung hat diesen Ländern erklärt, dass sie nicht von ihnen verlangt, sich für eine Seite zwischen den USA auf der einen und China und Russland auf der anderen Seite zu entscheiden – eine Botschaft, die Außenminister Antony Blinken auf seinen Reisen betont hat. Doch Länder wie Südafrika und Kolumbien wehren sich gegen das, was sie als implizite Entscheidung ansehen.

Als Blinken im vergangenen Jahr Südafrika besuchte, eine weitere aufstrebende Macht, die kürzlich Militärübungen mit Russland abhielt und einen Antrag des Internationalen Strafgerichtshofs auf Verhaftung Putins ablehnen könnte, falls dieser während eines Gipfeltreffens in diesem Jahr zu Besuch käme, erklärten Beamte des Landes dem Außenminister, sie würden sich nicht zu Entscheidungen drängen lassen, die ihnen nicht passen.

Auch Indien schien es während eines Gesprächs zwischen dem indischen nationalen Sicherheitsberater Ajit Kumar Doval und seinem russischen Amtskollegen Nikolaj Patruschew am 22. Februar zu vermeiden, Partei zwischen Washington und Moskau zu ergreifen, wie ein anderes der durchgesickerten Dokumente andeutet.

Darin heißt es, dass Doval Patruschew die Unterstützung Indiens für Russland auf multilateraler Ebene zusicherte und dass Neu-Delhi sich dafür einsetzte, dass der Krieg auf einem Treffen der G20 unter dem Vorsitz Indiens trotz „erheblichen Drucks“ nicht zur Sprache käme. Auf dem Treffen der G20-Außenminister eine Woche später in Neu-Delhi führte die Uneinigkeit über die Ukraine dazu, dass kein Konsens über allgemeine globale Herausforderungen erzielt werden konnte.

Doval, so geht aus dem durchgesickerten Dokument hervor, verwies auch auf Indiens Widerstand gegen den Druck, die vom Westen unterstützte UN-Resolution zur Ukraine zu unterstützen, und sagte, sein Land werde „nicht von seiner prinzipiellen Position abweichen, die es in der Vergangenheit eingenommen hat“.

Menschen, die mit Indiens Position vertraut sind, sagen, dass das Land den Krieg Russlands nicht unterstützt – und verweisen auf eine Anprangerung, die Premierminister Narendra Modi persönlich an Putin gerichtet hat -, sich aber seit langem auf Moskaus Unterstützung bei den Vereinten Nationen verlässt und kaum eine andere Wahl hat, als die Energie- und Wirtschaftsbeziehungen mit Russland aufrechtzuerhalten.

Im Gegensatz zur Bewegung der Blockfreien, die während des Kalten Krieges florierte und in der sich Entwicklungsländer wie Algerien und Kuba gegen Kolonialismus und westliche Dominanz zur Wehr setzten, gibt es nach Ansicht von Experten heute kaum eine gemeinsame Ideologie und keine ausdrückliche Loyalität zwischen den Ländern, die versuchen, sich aus dieser Rivalität der Großmächte herauszuhalten.

Die zentralasiatischen Staaten wollen diesen Wettbewerb „ausnutzen“ und aus dem wachsenden Interesse der USA, Chinas und Europas Kapital schlagen, um ihre Abhängigkeit von Russland zu verringern, so eine Einschätzung des Office of the Director of National Intelligence vom 17. Februar. Das Dokument nannte die Länder nicht, aber es handelt sich wahrscheinlich um Länder wie Kasachstan, die versuchen, den russischen Einfluss zu verringern und neue Partnerschaften in den Bereichen Energie und Handel aufzubauen.

Staatschefs in der Region „sind bestrebt, mit demjenigen zusammenzuarbeiten, der ihnen die unmittelbarsten Ergebnisse bietet, was im Moment China ist“, heißt es in dem Dokument.

Einige Vertreter des Globalen Südens – ein Begriff, der die Teile Asiens, Afrikas und Lateinamerikas beschreibt – positionieren sich als diplomatische Brücke zwischen den drei Rivalen. Zu ihnen gehört der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der nach einer Zeit der Isolation unter seinem Vorgänger Jair Bolsonaro versucht, seinem Land eine führende Rolle in der Welt zu verschaffen.

Die durchgesickerten Dokumente geben einen Vorgeschmack auf Lulas Vorschlag, einen „Weltfriedensblock“ zu gründen, der zwischen den Interessen der USA und Chinas vermitteln und ein Ende der Kämpfe in der Ukraine herbeiführen soll, und besagen, dass der linksgerichtete brasilianische Staatschef die Initiative während eines Besuchs in China, der im April stattgefunden hat, mit Präsident Xi Jinping besprechen wollte.

Lula hat die NATO-Staaten verärgert, indem er ihnen unterstellte, den Ukraine-Konflikt durch Waffenlieferungen an Kiew zu verlängern, und vorschlug, dass Russland zur Erreichung eines Friedens einen Teil der von ihm kontrollierten Gebiete in der Ukraine aufgeben, aber die besetzte Halbinsel Krim behalten könnte – eine Aussicht, die der ukrainische Präsident Wladimir Selensky ablehnt.

Laut den durchgesickerten Dokumenten zitierten Geheimdienstinformationen unterstützten Beamte des russischen Außenministeriums Lulas Plan und erklärten, er würde der westlichen „Aggressor-Opfer“-Darstellung der Ukraine entgegenwirken. Kurz nach seiner Rückkehr aus China empfing Lula den russischen Außenminister in Brasília.

Lulas Initiative nahm zur gleichen Zeit Gestalt an, als seine Regierung zwei Kriegsschiffe des amerikanischen Erzrivalen Iran empfing, die beide als Teil eines US-Sanktionsprogramms eingestuft wurden. In einem Dokument vom März, das in den Discord-Leaks enthalten ist, heißt es, dass die Schiffe Makran und Dena, die zur 86th Deployed Naval Group des Iran gehören, am 4. März einen einwöchigen Hafenaufenthalt in Rio de Janeiro abschlossen.

Das Pentagon schätzte ein, dass Lula „den Hafenaufenthalt wahrscheinlich genehmigt hat, um seinen Ruf als globaler Vermittler zu stärken und Brasiliens Image als neutrale Macht aufzupolieren“, aber dass der Besuch nicht unbedingt auf eine größere Ausweitung der militärischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern hindeutet, obwohl der Iran auf ein solches Ergebnis hofft, heißt es in dem Dokument.

Es fügte hinzu, dass die Regierungen von Chile, Argentinien, Uruguay und Venezuela die Anfrage des Irans auf parallele Besuche abgelehnt hätten.

Im Vorfeld des Besuchs, so heißt es in dem Dokument, hätten einige Beamte der brasilianischen Marine bei den USA darauf hingewirkt, die Regierung Lula zu drängen, den Besuch abzulehnen, weil sie nicht wollten, dass Washington ihn als „Neuausrichtung“ der brasilianischen Außenbeziehungen ansieht.

Dem Dokument zufolge sagte ein hoher Beamter des brasilianischen Außenministeriums, Brasilien habe keinen Grund, den Besuch mit der schlechten Menschenrechtslage im Iran in Verbindung zu bringen, und auch keine rechtlichen Gründe, den Iran abzulehnen. Die brasilianische Marine habe den Besuch gegenüber den Medien heruntergespielt, aber eine Zeremonie an Bord der Dena abgehalten.

Der argentinische Präsident Alberto Fernández plante unterdessen, ein erneuertes Bündnis lateinamerikanischer Staaten, darunter Argentinien, Mexiko und Brasilien, zu nutzen, um bei Verhandlungen mit den USA, China und der EU mehr Macht zu erlangen, so ein weiteres durchgesickertes Dokument.

Wie die Washington Post bereits berichtete, sind die Auswirkungen der Spannungen zwischen den USA und Russland in Ägypten besonders akut, da das Land mehr als eine Milliarde Dollar pro Jahr an Hilfe aus Washington erhält, aber seine Beziehungen zu Moskau vertieft hat. Russland baut Ägyptens erstes Atomkraftwerk und verspricht, das Land mit militärischer Ausrüstung zu versorgen.

Die durchgesickerten Dokumente zeigen, wie Ägypten versucht, im Konflikt um die Ukraine zu navigieren und Forderungen nach militärischer Hilfe sowohl von Russland als auch von den USA abzuwehren. Präsident Abdel Fatah El-Sisi ordnete zunächst die Produktion von bis zu 40.000 Raketen an, die nach Einschätzung des US-Geheimdienstes verdeckt an Russland geliefert werden sollten. Später schien er sich dem Druck der USA zu beugen und verschob das Geschäft und stimmte stattdessen der Herstellung von Artilleriegranaten für die Ukraine zu.

Spektor sagte, dass die Entwicklungsländer trotz des Versuchs der Biden-Regierung, die Entwicklungsländer zur Unterstützung ihrer globalen Prioritäten zu überreden, anstatt sie einzuschüchtern, wahrscheinlich vorsichtig bleiben würden.

„Diese Länder schauen auf die USA, und die USA sind so viel mächtiger als sie selbst“, sagte Spektor. „Wenn man es mit einem Mammut zu tun hat, spielt es keine Rolle, ob das Mammut mit dem, was man sagt, einverstanden ist. Wenn es sich bewegt, bebt die Erde.“Weiterlesen im anti-spiegel.ru

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