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Zur Kriegsmacht geworden

(Eigener Bericht) – Am heutigen Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine befinden sich die westlichen Staaten in einer Diskussion über ihre Ziele im dortigen Krieg und schließen sogar eine „Auflösung“ Russlands nicht aus.

Zur Kriegsmacht geworden

Am Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine sagt der Westen einen langen Krieg voraus und diskutiert seine Kriegsziele. Frieden fordern hingegen die Staaten des Globalen Südens.

24. Februar 2023

BERLIN/KIEW (Eigener Bericht) – Am heutigen Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine befinden sich die westlichen Staaten in einer Diskussion über ihre Ziele im dortigen Krieg und schließen sogar eine „Auflösung“ Russlands nicht aus. Während sich etwa Kanzler Olaf Scholz auf die Forderung beschränkt, Moskau dürfe „nicht gewinnen“, bestätigt der französische Präsident Emmanuel Macron, es gebe Kräfte, die sich wünschten, dass Russland auf seinem Territorium angegriffen und „komplett zerschlagen“ werde. In der Ukraine selbst dauern Krieg, Tod und Zerstörung unvermindert an; laut UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk sind inzwischen über 8.000 zivile Todesopfer nachgewiesen, die Dunkelziffer ist hoch. Die NATO ist an dem Krieg praktisch mit einer Streitmacht aus schweren Waffen beteiligt, die von ukrainischen Militärs bedient werden. Die Gefahr, dass der Stellvertreter- in einen offenen Krieg zwischen der NATO und Russland übergeht, ist groß und nimmt immer weiter zu. Die Forderung, Verhandlungen zur Beendigung des Krieges aufzunehmen und eine politische Lösung des Konflikts anzustreben, wird heute nicht vom Westen, sondern von Staaten des Globalen Südens gestellt.

Zahllose Opfer

Ein Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 dauern Krieg, Tod und Zerstörung in dem Land an. Laut Angaben von UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk sind im ersten Kriegsjahr bislang 8.006 zivile Todesopfer nachgewiesen. Wie Türk konstatiert, dürfte die tatsächliche Opferzahl noch deutlich höher sein.[1] Damit bewegt sie sich in einer ähnlichen Größenordnung wie die Zahl der zivilen Opfer des US-geführten Überfalls auf den Irak im Jahr 2003; damals lag die Zahl der zivilen Todesopfer in den ersten beiden Kriegsjahren bei ungefähr 12.000. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl an Soldaten, die auf ukrainischer wie auf russischer Seite zu Tode kamen. Türk erinnert außerdem an „die zahlreichen Leben, die zuvor im Konflikt in der Ostukraine verloren wurden“.[2] Sie wurden von den Vereinten Nationen für die Zeit ab 2014 auf 14.200 bis 14.400 beziffert, davon 3.404 Zivilpersonen.[3] Offiziell heißt es im Westen stets, nur Russland habe es in der Hand, den Krieg mit einem sofortigen Rückzug seiner Truppen zu beenden. Offiziell beschwiegen wird, dass die Friedenslösung, die Ende März 2022 zwischen beiden Seiten fast fertig verhandelt war, durch eine politische Intervention der NATO-Staaten verhindert wurde (german-foreign-policy.com berichtete [4]).

Eine Streitmacht aus NATO-Waffen

Der Krieg selbst ist längst zum Stellvertreterkrieg geworden. Das zeigt schon ein Vergleich mit früheren Kriegen. So wäre es etwa 2003 und 2011 im Irak respektive in Libyen gänzlich undenkbar gewesen, dass irgendeine Macht das jeweils vom Westen angegriffene Land unterstützt hätte, schon gar nicht mit Waffen. Die westlichen Staaten hätten das als implizite Kriegserklärung eingestuft. Die Ukraine hingegen wird umfassend vom Westen unterstützt. Die Zusagen allein der Vereinigten Staaten für militärische, humanitäre und finanzielle Hilfsleistungen beliefen sich bis Mitte Januar auf 73,18 Milliarden Euro; das ist fast so viel wie die Wirtschaftsleistung Bulgariens. Die Zusagen der EU und ihrer Mitgliedstaaten lagen bis Mitte Januar bei knapp 55 Milliarden Euro – fast so viel wie die Wirtschaftsleistung Sloweniens.[5] Die NATO-Staaten haben bisher – unter anderem – 368 Kampfpanzer, 1.240 weitere gepanzerte Fahrzeuge, 293 Haubitzen, 49 Mehrfachraketenwerfer und 24 Flugabwehrsysteme geliefert; weitere Waffenlieferungen sind zugesagt. Faktisch führt in der Ukraine eine NATO-Streitmacht, bedient von im Westen trainierten ukrainischen Soldaten, Krieg. Selbst die Kriegsstrategie wird in enger Absprache mit den USA festgelegt, die darüber hinaus Zieldaten für Angriffe liefern.[6] Weiterlesen in german-foreign-policy.com

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