Orgie der Gewalt – Es gibt keine Kindheit im besetzten Palästina Von Evelyn Hecht-Galinski

Kommentar vom Hochblauen

 

Orgie der Gewalt – Es gibt keine Kindheit im besetzten Palästina

 

Von Evelyn Hecht-Galinski

 

Als am 20. November 2021 weltweit der Weltkindertag begangen wurde und werbewirksam wichtige öffentliche Gebäude blau angestrahlt wurden, zeigte es sich, wie wertlos diese geheuchelte Symbolik in Wirklichkeit ist. Obwohl die Generalversammlung der Vereinten Nationen in einem Übereinkommen, das im September 1990 in Kraft trat, die Rechte der Kinder anerkannte, hat sich für viele Kinder – und speziell für die Kinder im illegal besetzten Palästina – nichts zum Guten entwickelt oder verbessert. Seit der Besetzung der palästinensischen Gebiete durch Israel im Jahr 1967 greift das zionistische Regime systematisch die palästinensischen Bewohner an, darunter eben auch rücksichtslos viele Kinder, wodurch das Recht der palästinensischen Kinder auf ein menschenwürdiges Leben eklatant verletzt wird. Und mit all diesen Maßnahmen, Gesetzen, Praktiken verstößt der „jüdischen Staat“ gegen die auch von ihm ratifizierte Kinderrechtskonvention.

 

Beschämend feiges Schweigen zu abscheulichen Verbrechen

 

Diese vielfältigen, schon über Jahrzehnte dauernden Verstöße haben sich negativ und katastrophal auf das Leben und das Wohlergehen der palästinensischen Kinder ausgewirkt. Vergessen wir nicht all die vielen schrecklichen zügellosen Angriffe unter Einsatz der übermächtigen Luft-, Land- und Seestreitkräfte der Besatzer gegen die hilflosen und eingesperrten Menschen und auf die schutzlosen Kinder in Gaza, dem größten Freiluftgefängnis der Welt.

 

Die 2008 erfolgte „Operation gegossenes Blei“, in Anlehnung an ein jüdisch-israelisches Chanukka-Kinderlied, war der schlimmste Angriffskrieg seit dem Sechstagekrieg 1967.  2012 folgte der nächste zionistische Angriff auf Gaza, die „Operation Wolkensäule“, in Anlehnung an einen biblischen Begriff. Am 7. Juli 2014 startete die jüdische „Verteidigungsarmee“ einen groß angelegten 51tägigen militärischen Aggressionskrieg „Operation Protective Edge“ („Starker Fels“) gegen den Gazastreifen, abermals unter dem Einsatz aller Streitkräfte aus der Luft-, zu Land und See. Während dieser militärischen Invasion beging die IDF nachweislich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sie legte alle Lebensbereiche lahm und verursachte eine noch nie dagewesene Zerstörung von Infrastrukturen, zivilem Eigentum und Gegenständen und vertrieb mit Gewalt Tausende von Familien. Sie beging abscheuliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die gegen die Grundsätze, Gepflogenheiten und Werte des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechte verstießen, während die internationale „Wertegemeinschaft“ beschämend feige schwieg und schweigt.

 

Dieses Schweigen hat sich unter UN-Generalsekretär Guterres fortgesetzt und hat dem palästinensischem Volk einen weiteren Beweis geliefert, dass sie sich niemals auf die internationale Gemeinschaft verlassen können, um eine politische Lösung gegen die koloniale zionistische Besetzung ihres Landes zu erreichen.

 

Hohle Phrasen von UN-Generalsekretär Guterres

 

Anstelle der Einhaltung des internationalen Rechts hat Guterres nur die „Hoffnung“ im Angebot. Wie also sollen Palästinenser ihre legitimen, auf rechtlichen Grundlagen basierenden Forderungen artikulieren und durchsetzen, wenn sogar der UN-Chef das internationale Recht ignoriert und nur hohle Phrasen wie „Hoffnung nicht verlieren“ und „wir müssen alle Möglichkeiten ausloten den ‚Friedensprozess’ wiederzubeleben“ (welcher „Friedensprozess“?) im Angesicht der vernichtenden Bombardierungen gegen die Zivilbevölkerung von sich gibt?

 

Auch dieser UN-Chef schämt sich nicht, vom Mantra der „Zweistaatenlösung“ zu schwadronieren, wo er doch, wie der Rest der so genannten „Westlichen Wertegemeinschaft“ genau weiß, dass diese durch das ungezügelte Siedeln und Landrauben des zionistischen Regimes keine „Lösung“ mehr ist.

 

Gerade von einem UN-Chef müsste man doch Klarheit und Weitsicht erwarten können. Der aber ist immer nur „ besorgt“, obwohl es um zügellose Angriffe gegen die palästinensische Zivilbevölkerung mit Kindermorden und dem Auslöschen ganzer Familien geht. Das zeigt den erbärmlichen Zustand der Vereinten Nationen nicht nur unter seiner Leitung.

 

Tägliche physische Gewalt durch das zionistische Staatsterrorregime

 

Es ist eine der größten Tragödien für die Palästinenser, dass ihre legalen Rechte von einer internationalen Institution abhängen, die ihre Existenz mit dem UN-Teilungsplan von 1947 vorsätzlich sabotiert hat. Die Vereinten Nationen haben von Beginn an die jüdischen Siedlungen und die frühe zionistische Kolonisierung legitimiert und einen rechtsfreien Raum zugelassen, der den zionistischen Besatzern quasi freie Hand zum Landraub und Judaisierung ließ.

 

Es gibt tägliche physische Gewalt durch das zionistische Staatsterrorregime in Palästina, gerade auch gegen palästinensische Zivilisten und speziell auch verstärkt gegen Kinder, die Opfer dieser beispiellosen Gewalt werden und gezielt ins Visier genommen werden. Ich erinnere mich noch allzu gut an das schreckliche Verbrechen der IDF, einen Luftangriff auf vier Kinder einer palästinensischen Familie, die am Strand spielten und am 6.Juli 2014 von israelischen „Davidstern-Raketen“ bestialisch verstümmelt und ermordet wurden. Ihnen ging es wie Tausenden Kindern zuvor und danach, die von der jüdischen „Verteidigungsarmee“ ermordet wurden oder wenn sie „das Glück“ hatten zu überleben, bleibende Schäden und Behinderungen davontrugen.

 

Während der Gaza-Kriege fehlte insbesondere den Kindern der Schutz der UNRWA-Schulen, Krankenhäuser und Gotteshäuser, die als einzige Zufluchtsorte dienten, da auch diese gnadenlos angegriffen wurden. Sie hatten nicht das Glück wie jüdische Kinder, die immer sofort bei Angriffen oder Aktionen werbewirksam in israelische Bunker gebracht werden.

 

Palästinensische Kinder sind traumatisiert

 

Die palästinensischen Kinder sind durch die ständigen Bombardierungen, Überwachungen durch Drohnen stark traumatisiert, und einige Kinder erlebten darüber hinaus, wie sie durch einmarschierende jüdische „Verteidigungssoldaten“ als menschliche Schutzschilde missbraucht wurden. Nein, es war nicht die Hamas, sondern es waren IDF Soldaten, die sich auf das westliche Schweigen wie immer verlassen können.

 

Die ständige, seit Jahrzehnten schon erlittene Angst verursacht traumatische Störungen, die sich auf die psychische und physische Gesundheit der Kinder und ihr Verhalten auswirken; Angst, Panik-Attacken, Harninkontinenz, Konzentrationsschwäche und Sprachstörungen sind die Folge.

 

Ihre Eltern können nicht für ihren Schutz sorgen. Es herrschen katastrophale Bedingungen im Gazastreifen infolge der militärischen Angriffe und der andauernden völkerrechtswidrigen Blockade. Häuser und Infrastrukturen wie Wasser-, Strom und Abwassernetze sind immer noch in einem Mangelzustand, der den Gazastreifen immer unbewohnbarer werden lässt. Es fehlt am Zugang zu Trinkwasser und angemessenen sanitären Einrichtungen. Es herrschen Unterernährung, Schikanen gegen Bauern und Fischer. Dazu kommt die Armut und Arbeitslosigkeit. Zusätzlich kamen jetzt noch die Covid-Pandemie und mangelhafte Impfstoffversorgung und desaströse Gesundheitsversorgung.

 

Über den israelischen Terror lesen wir in deutschen Medien nichts!

 

Auch im besetzten Westjordanland ist das Leben der Palästinenser durch die zahlreichen Übergriffe der IDF auf die palästinensische Zivilbevölkerung auf vielfältige Weise beeinträchtigt. Neben der Gewalt durch militärische Angriffe gibt es gezielte Angriffe auf Schulen und Schulkinder. Aktuell nehmen die jüdischen terroristischen Siedlerangriffe massiv zu, da sie sich noch sicherer fühlen – in der Gewissheit, von der neuen Bennett Regierung jegliche Unterstützung zu erfahren – und wiederum durch das feige Schweigen der „westlichen Wertegemeinschaft“.

 

Die wieder aufgenommene Politik der Häuserzerstörungen durch die IDF müssen auch die Kinder hilflos miterleben und lässt sie in Obdachlosigkeit stürzen. Diese Praktiken und Verstöße rauben den palästinensischen Kindern ihrer Rechte auf Bildung, Gesundheit, Sicherheit und ein menschenwürdiges Leben und Wohnen. Die Rechte von Kindern und ihren Familien werden außerdem durch die Politik der willkürlichen Inhaftierung, durch gezielte Beschlagnahme von Eigentum, Entzug von Aufenthaltsgenehmigungen für palästinensische Bürger in Jerusalem, Verbot der Familienzusammenführung und Entzug von Baugenehmigungen verletzt.

 

Durch die willkürliche Inhaftierung werden die Kindern auf die eine oder andere Art gefoltert, gedemütigt und ihrer grundlegenden Menschenrechte beraubt, ganz wie ihre Väter. Es ist auch bekannt, dass es spezielle Zentren für Verhöre und gewaltsam erpresste Geständnisse gibt. Nichts davon lesen wir in deutschen Medien!

 

Kindermörder Israel

 

Nach Angaben von „Defence for Children international Palestine“ werden jedes Jahr zwischen 500 und 700 palästinensische Kinder von Israel vor Militärgerichten (!) angeklagt! Auch zu dieser Ungeheuerlichkeit schweigt die „westliche Wertegemeinschaft“. Bis Ende März 2021 haben Menschenrechtsgruppen 230 palästinensische Kinder gezählt, die von der israelischen Besatzungsmacht inhaftiert wurden, die meisten davon aus Jerusalem.

 

Anlässlich des Tages für palästinensische Kinder hat der Palestine Prisoners Club bekannt gegeben, dass sich 140 palästinensische Kinder in israelischer Haft befinden, darunter zwei in Verwaltungshaft, ganz zu schweigen vom Anstieg der vom zionistischen Regime verübten Kindertötungen. Diese Verfolgung und Verhaftung palästinensischer Kinder ist eine ständige israelische Politik, die durch die Weltgemeinschaft schweigend toleriert wird!

 

So ist es nur folgerichtig, wenn einige Demonstranten Israel als Kindermörder bezeichnen. Was Israel tatsächlich und nachweislich ja auch ist!

 

Es gibt keine Kindheit im besetzten Palästina!

 

Während die Welt den internationalen Tag des Kindes begeht, leben palästinensische Minderjährige immer noch unter der ständigen Bedrohung durch Krieg, Zerstörung, Enteignung und fortschreitenden Landraub durch israelische Besatzung – unter den Augen der „Wertegemeinschaft“.

 

Palästinensische Kinder brauchen Stabilität und die Möglichkeit, ohne Angst vor Krieg, Verhaftung, Enteignung oder Obdachlosigkeit zu leben. Jedes Kind hat ein Recht auf eine Kindheit in Freiheit und Würde ohne zionistische Besatzung! Tatsächlich müssen wir Farbe bekennen für Kinderrechte, auch in Palästina. Die Orgie der Gewalt muss beendet werden, dass Schweigen der Weltgemeinschaft gegen dieses Verbrechen muss ein Ende haben!

 

 

In der Neuen Rheinischen Zeitung (NRhZ) veröffentlicht in Ausgabe 781 vom 24.11.2021 unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27777

 

 

Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom „Hochblauen“, dem 1165 m hohen „Hausberg“ im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (https://www.sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch „Das elfte Gebot: Israel darf alles“ heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten „Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik“ ausgezeichnet.

1 Kommentar zu Orgie der Gewalt – Es gibt keine Kindheit im besetzten Palästina Von Evelyn Hecht-Galinski

  1. Liebe Evelyn Hecht- Galinski, ein toller Beitrag, der wieder einmal schonungslos das Thema Doppelmoral und Merkels „westlich Werte“ aufzeigt. Es ist mehr als schockierend, wie die Palästinenser*innen von der westlichen, sog. „Politischen Elite“, aber auch den sog. Menschenrechtlern, allen voran von „Die grünen“ und insbesondere der „Die Linke“ bewusst negiert werden (als Mensch mit Gerechtigkeitssinn kann man sich für eben genannte nur schämen).

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