Wer rettet Palästina? Von Evelyn Hecht-Galinski Kommentar vom Hochblauen

 

Kommentar vom Hochblauen

 

 

Wer rettet Palästina?

Von Evelyn Hecht-Galinski

 

Es ist nur eine Frage der Zeit, wann es zu einem nächsten schrecklichen Massaker in Gaza oder sonst wo im illegal besetzten Palästina kommen wird. Das zionistische Regime braucht Kriege im inneren wie nach außen, um zu überleben. Nur Führer mit Blut an den Händen sind in der Lage, von diesem „auserwählten Volk“ gewählt und anerkannt zu werden. Jahrzehntelange Hasbara (Propaganda) hat die Gehirne auf Überlegenheit des „jüdischen Volks“ über die als minderwertig angesehenen feindlichen Palästinenser-Araber-Muslime getrimmt. Es ist diese vermeintliche Stärke und das arrogante Überlegenheitsgefühl, die diesen Apartheid-Besatzerstaat von Beginn an prägte. All das war nur möglich, weil die internationale Staatengemeinschaft diese unheilvolle Politik unterstützte und erst möglich machte. Für die jüdischen Bewohner dieses Staates, denen nur ihr eigenes Wohl am Herzen liegt, waren Angriffe und Kriege gegen die Palästinenser immer „normal“, und sie verspürten keinerlei Reue über Kriegsverbrechen und blutigste Massaker. Warum auch? Hatte man ihnen von Seiten der Regierungen schon immer erklärt, dass nur sie alleine ein Recht auf den Besitz des Landes Palästina-Israel haben, und das schon seit über 2000 Jahren.

 

Die Zukunft steht in den nicht vertrauenswürdigen „David-Sternen“

 

Als ob nicht schon genug Blut vergossen wurde, ließ der unter Korruptionsanklage stehende Trump-Günstling und über Leichen gehende noch „Regime-Führer“ Netanjahu keine Gelegenheit aus, um gegen „Infiltranten“ und „arabische Israelis“ als Feinde der Sicherheit des Landes zu hetzen. Nichts ließ und lässt er unversucht, um seine Haut auf Kosten seines Landes zu retten. Er witterte gar einen „Putsch-Versuch“, anstatt sich den Vorwürfen des israelischen Generalstaatsanwalts Avichai Mandelblit zu stellen, der ihm in seiner Anklage Betrug, Untreue und Bestechlichkeit vorwirft.

 

Lange, viel zu lange warteten Mandelblit und seine Ermittler, die mittlerweile sogar unter Polizeischutz stehen, auf Erhebung der Anklage. Noch steht die Likud-Partei hinter seinem „König Bibi“ und rief sogar dazu auf, vor dem Wohnhaus Mandelblits zu demonstrieren. Im „Jüdischen Staat“ war die Polarisierung schon immer sehr hoch. Waren es doch die rechtsextremen Parteien, die diese förderten. Die Hetzparolen, die sie immer wieder gegen die Palästinenser loslassen, machen inzwischen auch vor politischen Gegnern nicht halt. Man darf sich also nicht wundern, wenn wieder ein politischer Mord passiert wie nach der Ermordung von Rabin.

 

Netanjahu hat es abgelehnt, zurückzutreten und will, obwohl mehr als 50% der jüdischen Bürger seinen Rücktritt befürworten, im Amt bleiben, bis es zu einer Verurteilung gekommen ist, mit der er jedoch nicht rechnet, und die er mit einem Immunitätsgesetz, das ihn schützt, verhindern will. Dass ihm das gelingt, scheint immer weniger wahrscheinlich, da es inzwischen so aussieht, als ob auch sein Likud nicht mehr geschlossen hinter ihm steht und ihn loswerden will. Ob das allerdings wirklich so sein wird, steht in den „David-Sternen“, und die sind nicht vertrauenswürdig.

 

Aussichten für Palästina düster wie US-Politik und deren dubiose „Friedenspläne“

 

Mir sagte einmal ein befreundeter israelischer Friedensaktivist, es gäbe kein anderes Land auf der Welt, das so viele korrupte Politiker hätte, die sich an der Spitze des Staates und der Regierung tummelten, wie in der Knesset, dem israelischen Parlament. Netanjahu ist so skrupellos, dass er sogar versuchen könnte, einen Bürgerkrieg anzuzetteln, um seine Macht zu erhalten. Es wäre das erste Mal, dass, sollte es dazu kommen, ein amtierender Ministerpräsident unter Anklage gestellt wird, denn als seinerzeit sein Vorgänger im Amt, Ehud Olmert, wegen Korruption angeklagt wurde, trat dieser zuvor zurück. Aktuell gibt es noch ein Gesetz im „Jüdischen Staat“, das besagt, dass ein amtierender Ministerpräsident bis zu seiner Verurteilung im Amt bleiben kann, und das wird Netanjahu voll auskosten, sollte er vorher nicht doch gestürzt werden.

 

Nun stellt Haaretz die Frage, ob er überhaupt noch als voll amtierend anzusehen ist, da er doch nur als Übergangspremier fungiert, dem es bis jetzt nicht gelungen ist, eine Regierungsbildung zu schaffen. Deshalb sei er als „einfacher „Knesset-Abgeordneter“ anzusehen. Aber da man davon ausgehen muss, dass sich bei der bekannten israelischen Rechtslage und Verschleppung sich ein Prozessbeginn noch um Jahre hinauszögern könnte, spielt Bibi auf Zeit. So wird er mit allen Mitteln versuchen, gegen alle Widerstände Neuwahlen zu erreichen. Schließlich ist auch sein Herausforderer Benny Gantz an der Regierungsbildung gescheitert und reagiert aus Schwäche heraus mit Angeboten und weiteren Polarisierungen. So sind die Aussichten für Palästina so düster wie die US-Politik und deren dubiose „Friedenspläne“.

 

Ein kleiner Hoffnungsschimmer wäre es, wenn es zu einem Prozess gegen beide vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag kommen würde – wegen der Kriegsverbrechen während des Gaza-Kriegs von 2014. Der niederländische Palästinenser Ismail Ziada strebt Zivilklage gegen den ehemaligen israelischen Luftwaffenchef Amir Eshel und Benny Gantz an als Verantwortliche für die Bombardierung eines Hauses, bei der sechs seiner Familienangehörigen, seine Mutter, drei Brüder, eine Schwägerin und sein 12jähriger Neffe ermordet wurden. Gantz übernahm damals die Führung in Israels berüchtigter Operation „Protective Edge“, bei der mehr als 2.000 eingeschlossene Bewohner Gazas brutal ermordet wurden. Während Ziada Gerechtigkeit fordert, fiel Gantz nichts Besseres ein, als die „jüdische Verteidigungsarmee“ wieder einmal als die moralischste Armee der Welt zu preisen und zu bekunden, wie stolz er darauf sei, ihr seit fast 40 Jahren gedient zu haben. Zu dieser Zeit war Netanjahu schon Ministerpräsident und Anführer des Regimes, das diesen schrecklichen Krieg – wie schon so viele andere zuvor – befohlen hatte. Trauriger Weise bietet nur das niederländische Gericht die rechtliche Möglichkeit für Ziadas Anklage, da das israelische Justizsystem für Palästinenser verschlossen ist. Besondere Aufmerksamkeit erlangten die schrecklichen Morde an dieser palästinensischen Familie nur, weil ein Verwandter von Ziada, ein gewisser Henk Zanoli, über seine niederländische Frau aus Protest seine Ehrung von Yad Vaschem als „Gerechter unter den Völkern“ an die israelische Botschaft in den Niederlanden zurückgab. Der „Gerechte unter den Völkern“ ist eine spezielle Bezeichnung für Nichtjuden, die ihr Leben riskierten, um Juden vor dem Holocaust zu retten. Zanoli und seine Mutter versteckten während des Zweiten Weltkriegs einen jüdischen Jungen vor den Nazis.

 

Die Verherrlichung des „jüdischen Volkes“ ist keine Wiedergutmachung

 

Die israelische politische Verrohung ist ganz ähnlich zu den neuen Rechten in Europa zu sehen, nur dass diese nie die gebührende Aufmerksamkeit bekam, die sie verdient hätte. Schließlich ist und war die Verherrlichung des „jüdischen Volkes“ als Wiedergutmachung so groß, dass dieses Trauma gerade in Deutschland immer stärker wirkt. Angefacht durch die Einwanderung und die Feindbild- Erschaffung wurde der Muslim und der Islam/Islamismus zum neuen gemeinsamen Schlachtfeld der philosemitischen Deutschen und der Evangelikalen-Bewegung weltweit.

 

So ist zu befürchten, dass auch mit einem neuen Regime im „Jüdischen Staat“ sich nichts ändern wird. Die unzumutbaren Zustände in Gaza, in diesem Konzentrationslager mit etwa 2 Millionen eingesperrten Menschen, sind inzwischen fast ganz aus den Medien verschwunden. So bleibt diesen verzweifelten Menschen nur, in Depression zu verfallen, in der immer tiefer werdenden Armut zu versinken und vergeblich auf die versprochene Hilfe und den Wiederaufbau und auf ein nächstes Massaker zu warten. Man fragt sich: wurde dieses stolze palästinensische Volk eigentlich dazu erschaffen, vom „jüdischen Volk“ besetzt, kolonialisiert, unterdrückt, gedemütigt, enteignet, judaisiert oder im schlimmsten Fall ermordet zu werden? Wie können Palästinenser diesem Schicksal entgehen? Mit legalem Widerstand, der international zu Unrecht als Terror verurteilt wird, können sie nur verzweifelt mit „Silvesterraketen“ und jugendlichen Steinwerfern auf sich aufmerksam machen.

 

Statt dass sich die heuchlerische Staatengemeinschaft, die bis jetzt rein gar nichts dazu beigetragen hat, endlich besinnt, den über Jahrzehnte dauernden zionistischen Vernichtungskrieg gegen das palästinensische Volk zu verhindern, hat sie es im Gegenteil zugelassen, dass immer mehr jüdische Siedlungen im besetzten Palästina entstanden. Wie kann man diese internationale Komplizenschaft mit dem „Jüdischen Staat“ beenden? Indem die heuchlerische Staatengemeinschaft endlich damit aufhört, in ihrer kriminellen Lethargie dem langsamen Sterben dieses mutigen Volkes zuzusehen, und endlich Druck auf Israel ausübt, das Völkerrecht einzuhalten und die legitimen Rechte der Palästinenser endlich anerkennt.

 

Nach bitteren Jahrzehnten mit BDS ein freies, menschenwürdiges Leben erwirken!

 

Hat die Staatengemeinschaft nicht jedes Recht verwirkt, das palästinensische Volk zu kritisieren? Nichts wurde getan, um die israelischen Verbrechen zu beenden. So bleibt jedenfalls uns Bürgern nur die Unterstützung der BDS Kampagne, die Solidarität mit den Palästinensern, die gegen die Unterdrückung kämpfen, und die Unterstützung ihres Widerstands. Es ist längst an der Zeit, das israelische Regime für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit Sanktionen und Entzug der Unterstützung dahin zwingen, ein freies Palästina zuzulassen, ohne Kriegstreiberei und Massaker an der Zivilbevölkerung.

 

Gerade wir haben die moralische Verpflichtung, die ethnische Säuberung Palästinas zu beenden und das Land und die Menschen zu retten und ihnen nach bitteren Jahrzehnten der Besatzung ein freies, menschenwürdiges Leben zu ermöglichen!

 

 

In der Neuen Rheinischen Zeitung (NRhZ) veröffentlicht in Ausgabe 727 vom 27.11.2019 unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26378

 

 

Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom „Hochblauen“, dem 1165 m hohen „Hausberg“ im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (https://www.sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch „Das elfte Gebot: Israel darf alles“ heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten „Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik“ ausgezeichnet.

2 Kommentare zu Wer rettet Palästina? Von Evelyn Hecht-Galinski Kommentar vom Hochblauen

  1. Liebe Evelyn Hecht-Galinski, solange, wie die sog. westlichen Demokratien einschl. ihrer jeweiligen Institutionen auf Landes- und sogar auf kommunaler Ebene jede noch so kleine Aktion (z.B. Ausstellungen zum Thema Palästina) als antisemitisch ansehen, auf Druck diverser jüdischer Gemeinden verbieten und wie z.B. in Düsseldorf und Neuss im laufenden Betrieb auf Druck beendet werden, solange wie z.T. die Medien, allen voran der WDR, jede noch so kleine Demo für Palästina als eine antisemitische Demonstration bezeichnen und solange, wie diverse Moderatoren, allen voran ein gewisser Herr Plasberg, in seiner Sendung gegen Muslime, Araber und Flüchtlinge hetzen lässt (AFD Politiker/innen sind bei Herrn Plasberg gern gesehene Gäste), brauchen wir über eine Rettung Palästinas nichtmal nachzudenken. In diesem Lande gibt es ein großes Problem, das man Doppelmoral benennen muss. Auf der einen Seite wird seitens der Politik zum Kampf gegen rechts aufgerufen, auf der anderen Seite sind es jedoch diese Politiker sowie die Medien, die mit ihren jeweiligen Aussagen und Sendungen die rechten hofieren. Und so läuft es auch mit Palästina. Auf der einen Seite wird im Falle z.B. des Iran, Hongkong und Russland auf Einhaltung der Menschenrechte gepocht, (z.B. das die Menschen in Freiheit leben müssen), auf der anderen Seite wird die Unterdrückung der Palästinenser durch das radikal- zionistische Regime unterstützt, ebenso wie der Siedlungsbau sowie die Annexion ganzer Gebiete, wie zuletzt der Golan, der mal eben durch die Regierung der USA dem jüdischen Besatzerregime zugesprochen wurde. In Sachen Westbank bahnt sich gleiches an. Wir müssen anfangen, die Problematik als solche auch wahrzunehmen und richtig einzuschätzen, aber solange dies nicht geschieht, sehe ich in Sachen Palästina schwarz. Und das jeden Freitag bei den Demos im Gaza palästinensische Demonstranten von den Soldaten des Besatzerregimes niedergemetzelt werden, scheint hier auch niemanden zu interessieren. Jeder Demonstrant, der in Hongkong bei einer Demo auch nur böse angesehen wird, findet bei den Medien in diesem Land mehr Beachtung als die mittlerweile mehr als 200 erschossenen Palästinenser bei den Freitagsdemos im Gaza!

  2. diesen israelischen Staatsterrorismus zu unterstützen gehört zu unserer Staatsräson. Man muß sich schon fragen, von wem werden wir eigentlich regiert? Es wird immer schwerer dies alles einzuordnen. Offenbar gilt das Strafrecht nur noch für Privatpersonen, nicht aber für Staatenlenker. Erschreckend ist immer wieder die Erkenntnis, dass es legitim sein soll im Auftrag von Politikern andere Leute umzubringen, hingegen jede Privatperson dafür in’s Gefängnis wandert. Mord und die Unterstützung dafür, auch im Staatsauftrag, ist kein Kavaliersdelikt. Wie andere Straftaten auch und gehören geahndet.

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