Am grünen Wesen soll die Welt genesen – Überlegungen zur „wertegeleiteten Außenpolitik“ von Annalena Baerbock von Udo Brandes

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Am grünen Wesen soll die Welt genesen –
Überlegungen zur „wertegeleiteten Außenpolitik“ von Annalena Baerbock

von Udo Brandes

  1. Mai 2023

In der letzten Woche gab es einen medialen Hype um die scharfe Kritik des Philosophen Richard David Precht an Außenministerin Annalena Baerbock. Deren Auftreten in China sei zum „Fremdschämen“ gewesen. Und sie hätte unter normalen Bedingungen nicht mal einen Praktikumsplatz im Auswärtigen Amt erhalten, hatte Precht unter anderem ausgeführt. Im linksliberalen Milieu gab es natürlich einen Aufschrei, und Prechts Kritik wurde als „frauenfeindlich“ abgetan. Precht hat recht, meint unser Autor Udo Brandes, insbesondere mit seiner Kritik an der „wertegeleiteten Außenpolitik“, die in Wirklichkeit eine Konfrontationspolitik sei. Zur Deutung von Annalena Baerbocks sowie grüner Politik verweist unser Autor unter anderem auf ein Zitat aus dem „Großinquisitor“ von Fjodor Dostojewski.

Das Sendungsbewusstsein deutscher Politik drückte sich zu Zeiten von Kaiser Wilhelm II. in dem Satz „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen“ aus. Wilhelm II. höchstselbst war es, der diese Wendung als politisches Schlagwort in Umlauf brachte, z.B. in einer Rede am 31. August 1907, die er in Münster hielt. Ursprünglich geht das Wort aber auf ein Gedicht von Emanuel Geibel von 1861 zurück. Dieser wollte damit die deutschen Einzelstaaten zu einer Einigung unter Führung des preußischen Königs Wilhelm I. als deutschem Kaiser motivieren, was bekanntlich auch 1871 geschah.

„Kein Volk ist besser als das andere“
Bei Geibel war mit diesem Satz die Idee verbunden, dass eine deutsche Einigung zu einer Befriedungswirkung für das europäische Staatsgefüge führen werde. Sein Satz wurde aber später in eine andere Richtung umgedeutet, nämlich, dass die Welt deutscher werden möge. Dies drückte sich unter anderem in einer kleinen Änderung aus, die große Verbreitung fand: Es hieß nicht mehr, die Welt „mag“, sondern „soll“ am deutschen Wesen genesen. Eine Sichtweise, der Bundespräsident Theodor Heuß 1952 in einer Rede vehement widersprach:
„Es ist kein Volk besser als das andere, es gibt in jedem solche und solche. Amerika ist nicht ‚God’s own country‘, und der harmlose Emanuel Geibel hat einigen subalternen Unfug verursacht mit dem Wort, daß am deutschen Wesen noch einmal die Welt genesen werde.“ (Quelle: zeit.de)

Fassade für eine aggressive Machtpolitik
Was nun hat das alles mit Annalena Baerbocks „wertegeleiteter Außenpolitik“ bzw. dem „Wesen“ grüner Politik zu tun? Grüne Politik ist im Grunde von einem ähnlichen Sendungsbewusstsein erfüllt – und der Überzeugung, nur die eigenen Werte seien die einzig wahren und richtigen Werte. Aber kämpft die deutsche Außenministerin denn nicht für die einzig wahren und richtigen Werte, nämlich Menschenrechte, Freiheit und Demokratie? Genau dies muss man leider in Frage stellen. Meines Erachtens sind diese Werte in vielen Fällen nur eine Fassade für etwas anderes: für eine aggressive und konfrontative Machtpolitik, die geleitet ist von dem Gefühl moralischer Überlegenheit. Und ich mag vielleicht falsch liegen, aber ich glaube, dahinter steckt auch so etwas wie ein eurozentrisches Überlegenheitsgefühl, das nicht frei ist von einem Anklang von Rassismus nach dem Motto „Wir sind die besseren Menschen. Wir wissen, was wirklich gut ist für die Menschheit“. Man könnte auch sagen: Da schimmert wieder eine Kolonialherrenmentalität durch. Allein das ist schon Grund genug, Annalena Baerbocks Politik abzulehnen, die ja nicht ihre persönliche Politik ist, sondern Ausdruck des Weltbildes ihrer Partei. Weiterlesen in den nachdenkseiten.de

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