Das Propaganda-“Wort des Jahres” vom Kanzler der Alliierten von: Albrecht Müller

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Das Propaganda-“Wort des Jahres” vom Kanzler der Alliierten

Ein Artikel von: Albrecht Müller

Am 27. Februar 2022 hat Bundeskanzler Scholz in einer Regierungserklärung den Begriff “Zeitenwende” in die öffentliche Debatte eingeführt. Diese Rede noch einmal zu lesen oder auch nur zu überfliegen, lohnt sich. Im Anhang ist sie wiedergegeben und es sind markante Begriffe und Gedanken gefettet. Ein kleiner Rat: Bevor Sie weiterlesen, überlegen Sie kurz, was Sie nach zehn Monaten Wiederholung des Begriffs Zeitenwende darunter verstehen. Albrecht Müller

Der erste Satz lautet: “Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents.” Weiter unten heißt es: “Wir erleben eine Zeitenwende. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor.“ Der erste Satz sagt nicht viel. Das zweite ist eine Zumutung. Der erste Satz sagt immerhin, dass mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vom 24. Februar etwas grundsätzlich Neues geschehen ist. Der Begriff ist nicht eingeführt worden – so kann man am Text schnell erkennen – um die Politik der Verständigung und Entspannung neu aufzulegen. Im Gegenteil und das scheint der eigentliche Grund für die Einführung dieses sonderbaren Begriffs zu sein: Scholz will klarmachen, dass alle früheren Friedensparteien, also seine SPD, die Grünen und die FDP, bitte sehr alles vergessen sollen, was sie aus der Zeit der Entspannungspolitik gelernt haben.

Was wir in der Zeitenwende-Rede lesen und uns merken können/sollen:

  • Wir haben wieder einen Feind. Und wir malen kräftig am Feindbild.
  • Russland führt einen Angriffskrieg. – Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass die Wortwahl von Scholz – also nicht allein Krieg zu sagen, sondern Angriffskrieg – inzwischen auch von den meisten Journalisten und Politikerinnen und Politikern übernommen worden ist? Mit der Wortkombination soll offensichtlich verstärkt werden, dass Russland schuld ist am Krieg. Damit soll zugleich auch die Erinnerung an lange Jahre der Artillerieangriffe auf die Ostukraine durch die ukrainische Armee seit 2014 vergessen gemacht werden.
  • Die starke und wiederholte Personalisierung fällt auf. „Der Krieg ist Putins Krieg“. Putin Putin. Putin. Kaltblütig. Vom Zaun gebrochen. Putins Unterdrückungsregime. Die neue Skrupellosigkeit Putins. Scholz hat die Debatte damit in mehrerer Hinsicht geprägt: Personalisierung des Konflikts auf Putin –
    Wenn man diese Zuschreibungen für den russischen Präsidenten liest, dann fragt man sich, ob und wie der deutsche Bundeskanzler überhaupt noch mit diesem Präsidenten reden können will. Sich vertragen ist damit wahrscheinlich als eine Option des Umgangs miteinander zu vergessen.
  • Die Skrupellosigkeit, mit der Vertrauen zerstört wird, ist beachtlich. Wir bilden nicht Vertrauen auf, sondern ab.
  • Aufrüstung statt Abrüstung. Das war übrigens mit den 2 % Plus im Rüstungsgüter schon vor dem “Angriffskrieg” beschlossene Sache.
  • Wir liefern Waffen. Ein wirklicher Bruch unserer bisherigen Politik und des Grundgesetzes. Das könnte man eine Zeitenwende nennen. Wahrscheinlich ist mit dem Begriff auch genau das gemeint. So sehen es jedenfalls die Rüstungsindustrie und die US-Rüstungslieferanten.
  • Ganz wichtig: wie ein roter Faden zieht sich durch die Rede das Gefühl: “Wir sind die Guten”.
  • D. h. zugleich: Schwamm drüber über die Kriege des Westens und insbesondere der USA, Schwamm drüber über die Millionen toten, verkrüppelten und vertriebenen Menschen. Bitte beachten: weder beim Afghanistan-Krieg, noch beim Irakkrieg von 1990, weder beim nächsten Irakkrieg noch beim Libyen-Krieg, weder bei der militärischen Intervention in Syrien noch jener in Afrika war von Zeitenwende die Rede. Die Kriege des Westens sind tabu. Ja sie werden mit dem Etikett Zeitenwende für den Krieg Russlands gegen die Ukraine de facto außerhalb der Betrachtung gestellt. Weiterlesen in den nachdenkseiten.de

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