»Die Nakba hat nie aufgehört« Interview: Jakob Reimann

Repressionen gegen Palästinenser: „Die Nakba hat nie aufgehört“

Berliner Polizei stellt propalästinensische Demonstrationen unter Generalverdacht und verbietet sie. Ein Gespräch mit Qassem Masri, Aktivist bei „Palästina spricht“.

Aus: Ausgabe vom 24.04.2023, Seite 2 / Inland
Repressionen gegen Palästinenser

»Die Nakba hat nie aufgehört«

Berliner Polizei verbietet propalästinensische Demonstrationen wegen Generalverdachts. Ein Gespräch mit Qassem Masri
Interview: Jakob Reimann
_ISRAEL-PALESTINIANS-NAKBA-GERMANY.JPG
Palästina-Solidarität unter Generalverdacht: Polizisten nehmen Demonstrierende fest (Berlin, 15.5.2022)

 

Qassem Masri ist Aktivist bei »Palästina spricht«, einer Koalition für palästinensische Rechte und gegen Rassismus

Im April hat die Berliner Polizei zwei propalästinensische Demonstrationen verboten. Wie wurde das begründet?

 

Offiziell heißt es von seiten der Polizei, sie hätte Angst, dass es bei den Demos zu antisemitischen Aussagen kommen könnte. Es wird also von der Zukunft in die Gegenwart hinein geurteilt. Das macht sie daran fest, dass sich bei der Demo am 8. Mai in Berlin eine Person antisemitisch geäußert hat. Die Aussage einer einzelnen Person reicht anscheinend aus, um eine gesamte Minderheit in Deutschland zu diffamieren und mit dem Stempel des Antisemitismus zu brandmarken. Doch der eigentliche Hintergrund ist, die wachsende Solidarität mit der palästinensischen Sache zu unterbinden.

Wie bewerten Sie dieses Vorgehen?

Mit der verfassungswidrigen Vorgehensweise der Berliner Polizei sind wir wieder einmal an der Spitze des antipalästinensischen Rassismus angelangt. Mit dem Verbot der Demonstrationen werden die Grundrechte der Palästinenser in Deutschland beschnitten, da das Demonstrationsrecht natürlich im Grundgesetz verankert ist. Es ist eine weitere repressive, antidemokratische und rassistische Maßnahme der Berliner Polizei.

Das Verbot der beiden Demos erinnert an Steven Spielbergs Science-Fiction-Dystopie »Minority Report« von 2002, in der potentielle künftige Verbrechen im Vorfeld durch die Staatsgewalt sanktioniert werden. Wie beurteilen Sie die Verbote in Hinblick auf die sogenannte liberale Demokratie in Deutschland?

Es ist praktisch eine Aushebelung dieser »liberalen Demokratie«. Doch es ist nicht verwunderlich, denn so etwas hat in Deutschland Tradition. Es gibt den Begriff des »Gefährders«. Ein Mensch also, der von den Behörden so eingeschätzt wird, dass er eventuell etwas begehen könnte, was nicht im Sinne dieses Staates ist, obwohl keine Beweise für ein antidemokratisches oder illegales Handeln dieser Person vorliegen. Die rassistischen Motive dieses Staates sind stark. Seit dem 11. September 2001 wurden im Grunde alle muslimischen Bürger in diesem Land unter Generalverdacht gestellt. Und dasselbe passiert gerade mit den Palästinensern. Weiterlesen in jungewelt.de

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

Entdecke mehr von Sicht vom Hochblauen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen