
Gastkommentar von Wolfgang Behr
Gedanken zur Frage, ob Israel Apartheid betreibt.
W.Behr, 17.April 2019
Der 1984 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete emeritierte Erzbischhof in
Südafrika Desmond Tutu veröffentlichte 2002 im Guardian einen Artikel „Apartheid in the
Holy Land“. Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, benutzte den Begriff „Apartheid“
in seinem 2006 erschienenen Buch „Frieden nicht Apartheid“. Es folgte Jahre später der
damalige deutsche Aussenminister Sigmar Gabriel, der, erschüttert angesichts der
Zustände im besetzten Hebron, diesen von Philosemiten und Israelfreunden bezüglich
Israel bis heute verteufelten Begriff in den Mund nahm. Das ist nur eine kleine Auswahl
von Autoren, die den Begriff für Israel/Palästina anwendeten.
„Apartheid“ gilt als juristische Kategorie, definiert als Verbrechen beim Internat.
Strafgerichtshof 1973 und ist Teil des Römischen Statuts von 1998. Daher ist ein
achtsamer Umgang mit diesem Begriff sicher angeraten.
Ich verdanke dem Völkerrechtler Norman Paech einige Informationen zu den Aktivitäten
und Aussagen von UNO-Beauftragten, die er in seinem Vortrag in Oldenburg vom
30.März 2019 erläutert hat.
John Jugar, UNO-Sonderberichterstatter des Menschenrechtsrats für die besetzten
Gebiete erklärte in seinem Bericht:
„Ich zögere nicht zu sagen, dass Israels Verbrechen unendlich viel schlimmer sind als die
Verbrechen, die Südafrika mit seinem Apartheidregime begangen hat.“
Jugar , selbst Jude, wurde 2009 auf Druck Israels abgelöst.
Sein Nachfolger Richard Falk sagte als UNO-Sonderberichterstatter aus:
„Es ist die Meinung des gegenwärtigen Sonderberichterstatters des Menschenrechtsrats,
dass die Natur der Besatzung des Jahres 2010 die früheren Vorwürfe des Kolonialismus
und der Apartheid noch deutlicher faktisch und rechtlich beweist als vor drei Jahren. Die
kolonialistischen und Apartheidzüge der israelischen Besatzung haben sich in einem
kumulativen Prozess eingegraben.“
2014 in einem letzten Bericht, der im Zusammenhang mit der jüdischen Besiedlung der
besetzten Gebiete steht, „dass der rechtlich unakzeptable Charakter von Kolonialismus,
Apartheid und ethnischer Säuberung festgestellt wird.“
Auch er, ebenfalls Jude, musste auf Druck Israels gehen.
Richard Falk konnte aber im März 2017 zusammen mit Virginia Tilley in einem Bericht für
die UNO-Organisation UN ESCWA feststellen,
„…dass die israelische Politik als rassistisch zu beurteilen ist und zum Zwecke der
Unterdrückung der Palästinenser und Palästinenserinnen ein Apartheidsystem in Israel
errichtet hat.“
Nach einer Woche erfolgte auf Betreiben von UNO-Generalsekretär Guterres die
Wegnahme dieses Berichts von der Webseite der UNO. Das hatte den Rücktritt der
Executiv-Sekretärin Sima Callas zur Folge. Auf seine Aufforderung an Tilley, sich vom
Bericht zu distanzieren, erfolgte aus Protest auch ihr Rücktritt.
Es ist unglaublich, wie das zionistische Regime Israels in Selbstgefälligkeit und
Allmachtswahn sich gegen die Institutionen der UNO und seine für alle Völker geltenden
Rechtsgrundsätze stellt.
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Dazu passt auch, dass Israel heute die Ausweisung des Direktors von Human Right
Watch, Omar Shakir, anordnete. Angeblich würde er die BDS-Kampagne unterstützen.
HRW dementierte die Begründung und nannte dies eine „neue und gefährliche
Interpretation des Gesetzes von 2017, da es die Kritik an Geschäftsaktivitäten im
Westjordanland mit einem Boykottaufruf gegen Israel gleichsetze.“
Beschämend ist auch, wie deutsche politische, wissenschaftliche und kirchliche Eliten zu
all dem schweigen oder substanzlose Erklärungen abgeben, Israel hätscheln. Allen voran
Kanzlerin Merkel.
Gerade haben, wie der Dfunk berichtete, Institutionen, die sich mit Antisemitismus in
Deutschland befassen, den neuen Begriff „Sekundär-Antisemitismus“ aus der Taufe
gehoben. Darunter fällt auch „Hass gegen Israel“. Wieder so ein schwammiger Begriff.
Dahinein kann man auch jede Kritik an Israel interpretieren. Eigentlich richtet sich
Antisemitismus gegen jüdische Menschen, egal wo sie in der Welt zu Hause sind. Aber
gegen einen Staat, auch wenn dort überwiegend Juden leben? Wenn diese Apartheid
betreiben, siehe UNO, haben sie doch wohl Kritik und Sanktionen verdient.
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