Putin im O-Ton über Atomwaffen und die Aussetzung von NEW-START von Thomas Röper

Putin im O-Ton über Atomwaffen und die Aussetzung von NEW-START

Jetzt senden sie über NATO-Vertreter Signale aus, aber faktisch stellen sie ein Ultimatum: Ihr, Russland, erfüllt alles, was abgemacht wurde, einschließlich des NEW-START-Vertrages, bedingungslos, aber wir machen, was wir wollen.

 

Putins Rede an die Nation

Putin im O-Ton über Atomwaffen und die Aussetzung von NEW-START

von Thomas Röper

22. Februar 2023

Der russische Präsident Putin hat in seiner Rede an die Nation die Aussetzung des NEW-START-Vertrages angekündigt und sich generell über Atomwaffen geäußert.

Putins zweitstündige Rede an die Nation war zwar von innenpolitischen Themen dominiert, aber er ist auch auf die außenpolitische Situation eingegangen. Zu Beginn seiner Rede hat er den Westen heftig kritisiert und erklärt, wie und warum der Westen die Eskalation in der Ukraine provoziert hat, den Teil der Rede habe ich bereits übersetzt. Am Ende seiner Rede ist Putin auch auf das Thema Atomwaffen eingegangen und hat die Aussetzung des NEW-START-Vertrages verkündet. Über die Hintergründe der Probleme beim NEW-START-Vertrag habe ich bereits berichtet, aber ich werde das für alle, die es nicht gelesen haben, im Anschluss an diese Übersetzung noch einmal wiederholen.

Kommen wir nun dazu, was Putin im O-Ton gesagt hat.

Beginn der Übersetzung:

Anfang Februar dieses Jahres gab es eine Erklärung der NATO, in der Russland aufgefordert wurde, sich wieder an den Vertrag über strategische Waffen zu halten und Inspektionen unserer nuklearen Verteidigungsanlagen zuzulassen. Ich weiß nicht einmal, wie man das bezeichnen soll. Es ist ein Absurditätentheater.

Wir wissen, dass der Westen direkt an den Versuchen des Kiewer Regimes beteiligt war, unsere strategischen Luftwaffenstützpunkte anzugreifen. Die zu diesem Zweck eingesetzten Drohnen wurden mit Hilfe von NATO-Spezialisten ausgerüstet und modernisiert. Und jetzt wollen sie unsere Verteidigungsanlagen auch noch inspizieren? Unter den aktuellen Bedingungen der heutigen Konfrontation klingt das einfach nur wie irgendein Schwachsinn.

Gleichzeitig – und darauf weise ich besonders hin – erlauben sie uns nicht, im Rahmen dieses Vertrages vollwertigen Inspektionen durchzuführen. Unsere wiederholten Ersuchen, bestimmte Einrichtungen zu inspizieren, bleiben unbeantwortet oder werden aus formalen Gründen abgelehnt, und wir sind nicht in der Lage, auf der anderen Seite irgendetwas zu kontrollieren.

Ich möchte betonen: Die USA und die NATO sagen ausdrücklich, dass es ihr Ziel ist, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen. Und danach wollen sie, als wäre nichts geschehen, zu unseren Verteidigungsanlagen, auch den neuesten, fahren? Vor einer Woche habe ich beispielsweise den Erlass über die Indienststellung neuer bodengestützter strategischer Systeme unterzeichnet. Wollen die ihre Nasen auch da hineinstecken? Und glauben die, dass wir sie einfach so hereinlassen werden?

Mit ihrer kollektiven Erklärung hat die NATO faktisch den Antrag auf Beitritt zum Vertrag über strategische Waffen gestellt. Wir sind damit einverstanden, bitte schön. Mehr noch: Wir sind der Meinung, dass diese Frage längst überfällig ist, denn die NATO, daran erinnere ich, hat mehr als die eine Atommacht USA. Großbritannien und Frankreich haben ebenfalls Atomwaffenarsenale, die sie verbessern und ausbauen und die auch gegen uns gerichtet sind. Die jüngsten Erklärungen ihrer Staatschefs bestätigen das.

Wir können und dürfen das nicht ignorieren, vor allem nicht heute, ebenso wenig wie die Tatsache, dass der erste Vertrag über strategische Waffen 1991 von der Sowjetunion und den USA in einer grundlegend anderen Situation unterzeichnet wurde: In einer Situation geringerer Spannungen und größeren gegenseitigen Vertrauens. Später erreichten unsere Beziehungen ein Niveau, auf dem Russland und die USA erklärten, dass sie sich nicht mehr als Gegner betrachten. Hervorragend, alles war sehr gut.

Der 2010 in Kraft getretene Vertrag enthält entscheidende Bestimmungen über die Unteilbarkeit der Sicherheit, über die direkte Verbindung von strategischen Offensiv- und Defensivwaffen. All das ist längst vergessen, die USA sind aus dem ABM-Vertrag ausgetreten, wie Sie wissen, alles ist Vergangenheit. Unsere Beziehungen haben sich, das ist sehr wichtig, verschlechtert, und das ist allein das „Verdienst“ der USA.

Sie waren es, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion daran gemacht haben, die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs zu revidieren und eine Welt nach amerikanischem Vorbild zu errichten, in der es nur einen Herrn, einen Gebieter gibt. Dazu begannen sie, alle Grundlagen der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Weltordnung zu zerstören, indem sie das Vermächtnis von Jalta und Potsdam negiert haben. Schritt für Schritt begannen sie, die bestehende Weltordnung zu revidieren, sie demontierten die Sicherheits- und Rüstungskontrollsysteme und planten und führten eine ganze Reihe von Kriegen in der ganzen Welt.

Und das alles, ich wiederhole das, mit einem Ziel: die Architektur der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen internationalen Beziehungen zu zerstören. Das ist keine Redewendung, das ist die Praxis, die im richtigen Leben so passiert: Nach dem Zusammenbruch der UdSSR wollen sie ihre globale Vorherrschaft für immer festschreiben, ohne die Interessen des modernen Russlands und auch die Interessen anderer Länder zu berücksichtigen.

Natürlich hat sich die Situation in der Welt nach 1945 verändert. Neue Entwicklungs- und Einflusszentren haben sich gebildet und entwickeln sich rasch. Das ist ein natürlicher, objektiver Prozess, der nicht ignoriert werden kann. Aber es ist inakzeptabel, dass die USA begonnen haben, die Weltordnung nur für sich selbst und ausschließlich in ihrem eigenen, egoistischen Interesse umzugestalten.

Jetzt senden sie über NATO-Vertreter Signale aus, aber faktisch stellen sie ein Ultimatum: Ihr, Russland, erfüllt alles, was abgemacht wurde, einschließlich des NEW-START-Vertrages, bedingungslos, aber wir machen, was wir wollen. Nach dem Motto, es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Problematik mit NEW-START und zum Beispiel dem Konflikt in der Ukraine und anderen feindlichen Handlungen des Westens gegen unser Land, und es gibt auch die lautstarken Erklärungen, dass sie uns eine strategische Niederlage zufügen wollen, nicht. Das ist entweder der Gipfel der Heuchelei und des Zynismus oder der Gipfel der Dummheit. Aber als Idioten man kann sie nicht bezeichnen, sie sind schließlich keine dummen Leute. Sie wollen uns eine strategische Niederlage beibringen und dringen in unsere Atomanlagen ein.

Deshalb sehe ich mich gezwungen, heute zu erklären, dass Russland seine Teilnahme am Vertrag über strategische Waffen aussetzen wird. Ich wiederhole: Russland zieht sich nicht aus dem Vertrag zurück, nein, es setzt seine Teilnahme aus. Doch bevor wir uns erneut mit dieser Frage befassen, müssen wir für uns selbst verstehen, was NATO-Länder wie Frankreich und Großbritannien eigentlich wollen, und wie wir ihre strategischen Arsenale, also die Gesamtschlagskapazität der Allianz, berücksichtigen.

Jetzt haben sie mit ihrer Erklärung im Grunde ein Angebot zur Teilnahme an diesem Prozess gemacht. Gott sei Dank, los, wir haben nichts dagegen. Es gibt keinen Grund, noch einmal zu versuchen, alle zu belügen und so zu tun, als seien sie Verfechter des Friedens und der Entspannungspolitik. Wir kennen alle Hintergründe: Wir wissen, dass die garantierte Haltbarkeitsdauer für einige Typen von US-Atomsprengköpfen ausläuft. Wir wissen mit Sicherheit, dass in diesem Zusammenhang einige Leute in Washington über mögliche Tests ihrer Atomwaffen nachdenken und dabei berücksichtigen, dass die USA neue Typen von Atomsprengköpfen entwickeln. Diese Informationen gibt es.

In dieser Situation müssen das russische Verteidigungsministerium und Rosatom die Bereitschaft zum Test russischer Atomwaffen sicherstellen. Natürlich werden wir nicht die ersten sein, die das tun, aber wenn die USA sie testen, werden wir es auch tun. Niemand sollte sich der gefährlichen Illusion hingeben, dass die globale strategische Parität zerstört werden könnte.

Ende der Übersetzung

Dem bleibt hinzuzufügen, dass Atomwaffen tatsächlich nur eine begrenzte Haltbarkeitsdauer haben und dass diese für viele alte US-Atomwaffen demnächst ausläuft. Die Modernisierung der US-Atomwaffen, von der Medien manchmal berichten, liegt tatsächlich zumindest teilweise darin begründet, dass die USA alte Atomwaffen ausmustern müssen. Weiterlesen im anti-spiegel,ru

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